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Monatshefte für Kunstwissenschaft
d
gesunken, die Zofe und ein ungeheures, an seine verhängnisvolle Bestimmung mahnendes
Schwert neben ihrem Lager.
2) Der Ritter findet sie bereits todt und zieht das Schwert, um sich vor den
Augen der die Hände entsetzt ausbreitenden Zofe zu erstechen.
3) Der Herzog aus einem Burgtor in die Szene tretend — recht virtuos hinter
dem die Felder scheidenden Stabe! — zieht links das Schwert aus der Brust des
hinsinkenden Freundes und schreitet rechts auf
4) , das Schwert geschultert, zum Rachewerk an seiner Frau. Dies erfolgt auf
d), der anderen Schmalseite des Kästchens: indem er ihr, den Tanz unter-
brechend — die Damen lösen ihre Hände vom Reigen, die Musikanten senken ihre
Hörner — den Kopf mit dem Schwerte grade-
zu absägt:
Quar el chief li a embatue
L'espee qu'il aportoit nue,
Sans parier, tant estoit iriez ... (v. 917 ff.)
Der Künstler hat das damit ausdrücken
wollen, daß er ihn, statt aller Anrede, die
Schuldige mit der Linken gleich an den Haaren
packen läßt. Die umstehenden Damen, auch
sogar der linke Musikant machen mit den Händen
Gebärden des Entsetzens und blicken teils scheu
zu Boden, teils wenden sie das Antlitz ab.
Unser zierlicher Figurenkünstler zeigt über-
haupt viel Sinn für Bewegung und Ausdruck.
Seine Erfindungsgabe in der Ausnützung und resoluten Supplierung der Situationen
des Poems durch die Mittel seiner Kunst haben wir namentlich auf dem Deckel
bewundern können. Allein es fehlt ihm, dem mittelalterlichen Erzähler, epischen
Monatshefte für Kunstwissenschaft
d
gesunken, die Zofe und ein ungeheures, an seine verhängnisvolle Bestimmung mahnendes
Schwert neben ihrem Lager.
2) Der Ritter findet sie bereits todt und zieht das Schwert, um sich vor den
Augen der die Hände entsetzt ausbreitenden Zofe zu erstechen.
3) Der Herzog aus einem Burgtor in die Szene tretend — recht virtuos hinter
dem die Felder scheidenden Stabe! — zieht links das Schwert aus der Brust des
hinsinkenden Freundes und schreitet rechts auf
4) , das Schwert geschultert, zum Rachewerk an seiner Frau. Dies erfolgt auf
d), der anderen Schmalseite des Kästchens: indem er ihr, den Tanz unter-
brechend — die Damen lösen ihre Hände vom Reigen, die Musikanten senken ihre
Hörner — den Kopf mit dem Schwerte grade-
zu absägt:
Quar el chief li a embatue
L'espee qu'il aportoit nue,
Sans parier, tant estoit iriez ... (v. 917 ff.)
Der Künstler hat das damit ausdrücken
wollen, daß er ihn, statt aller Anrede, die
Schuldige mit der Linken gleich an den Haaren
packen läßt. Die umstehenden Damen, auch
sogar der linke Musikant machen mit den Händen
Gebärden des Entsetzens und blicken teils scheu
zu Boden, teils wenden sie das Antlitz ab.
Unser zierlicher Figurenkünstler zeigt über-
haupt viel Sinn für Bewegung und Ausdruck.
Seine Erfindungsgabe in der Ausnützung und resoluten Supplierung der Situationen
des Poems durch die Mittel seiner Kunst haben wir namentlich auf dem Deckel
bewundern können. Allein es fehlt ihm, dem mittelalterlichen Erzähler, epischen