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Monatshefte für Kunstwissenschaft
Abb. 1. Vier kleine Langhausfenster
Moutier-Granval
verfügbaren Baumaterial und lokalen Bedürfnissen entstehen Varianten derselben
Grundgedanken. Auf dem Gebiet der Schweiz, das politisch und kirchlich hauptsäch-
lich von Westen, von den Franken beherrscht wird, wo aber von Norden der
Alemanne, von Süden der Langobarde, von Osten der Bajuware Eingang gefunden
hat, kreuzen sich die verschiedensten Einflüsse. Und durch das Frankenreich gelangt
den Rhein entlang das ire-schottische Mönchstum von Luxeuil bis S. Gallen, von hier
über Disentis bis Bobbio.
Schon im Frühmittelalter besaß die Schweiz hunderte von Gotteshäusern; allein
die Diözese Chur nannte zwischen 820 und 830 rund 230 Kirchen und 5 Klöster in ihren
Grenzen ihr eigen. Darunter befanden sich auch Taufhäuser.1) Der Typus dieser Gebäude
war die polygone Zentralanlage, wie sie in Oberitalien noch häufig erhalten ist. In
der Schweiz steht noch ein Bau dieser Art, das Baptisterium von Riva San Vitale,
innen ausgebaut als Oktogon mit vier Nischen oder Conchen und einer Apsis. Es ist
kein Zweifel, daß rationelle Ausgrabungen am richtigen Orte uns diesen Grundriß noch
an mehreren Orten der Schweiz, wo Johanneskirchen oder -Kapellen nachgewiesen
sind, bringen würden.
Die übrigen Gotteshäuser des Frühmittelalters waren einschiffige Langhaus-
bauten; sie bestehen aus einem von West nach Ost gestreckten Rechteck, einem Schiff,
an dessen Ostende sich die Apsis in der Ein- oder Mehrzahl anschließt. Der Haupt-
eingang ist an der Westseite in der Mitte der Giebelmauer zu suchen. An den Nord-
0 Vgl. des Verf. Gesdi. der Reliquien I. Regest 33.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Abb. 1. Vier kleine Langhausfenster
Moutier-Granval
verfügbaren Baumaterial und lokalen Bedürfnissen entstehen Varianten derselben
Grundgedanken. Auf dem Gebiet der Schweiz, das politisch und kirchlich hauptsäch-
lich von Westen, von den Franken beherrscht wird, wo aber von Norden der
Alemanne, von Süden der Langobarde, von Osten der Bajuware Eingang gefunden
hat, kreuzen sich die verschiedensten Einflüsse. Und durch das Frankenreich gelangt
den Rhein entlang das ire-schottische Mönchstum von Luxeuil bis S. Gallen, von hier
über Disentis bis Bobbio.
Schon im Frühmittelalter besaß die Schweiz hunderte von Gotteshäusern; allein
die Diözese Chur nannte zwischen 820 und 830 rund 230 Kirchen und 5 Klöster in ihren
Grenzen ihr eigen. Darunter befanden sich auch Taufhäuser.1) Der Typus dieser Gebäude
war die polygone Zentralanlage, wie sie in Oberitalien noch häufig erhalten ist. In
der Schweiz steht noch ein Bau dieser Art, das Baptisterium von Riva San Vitale,
innen ausgebaut als Oktogon mit vier Nischen oder Conchen und einer Apsis. Es ist
kein Zweifel, daß rationelle Ausgrabungen am richtigen Orte uns diesen Grundriß noch
an mehreren Orten der Schweiz, wo Johanneskirchen oder -Kapellen nachgewiesen
sind, bringen würden.
Die übrigen Gotteshäuser des Frühmittelalters waren einschiffige Langhaus-
bauten; sie bestehen aus einem von West nach Ost gestreckten Rechteck, einem Schiff,
an dessen Ostende sich die Apsis in der Ein- oder Mehrzahl anschließt. Der Haupt-
eingang ist an der Westseite in der Mitte der Giebelmauer zu suchen. An den Nord-
0 Vgl. des Verf. Gesdi. der Reliquien I. Regest 33.