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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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E. Schaeffer. Die Bildnisse des Piero Carnesecchi

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diese Aufstellung seines GEuvre dürfte um so leichter gelingen, als Puligo, obschon
ein Schüler des Ridolfo Ghirlandajo, zeitlebens nur an einer einzigen, der sartesken
Malweise festhielt 1). Daß im Bildnis der Uffizien aber wirklich der Günstling Clemens VII.
dargestellt ist, lehrt auch ein flüchtiger Blick auf jenen Jüngling im Fresco des Palazzo
della Signoria, den uns Vasari ausdrücklich als Piero Carnesecchi vorstellt. Mehr noch,
Puligos Porträt war ganz gewiß seine Vorlage: denn die Stellung des Hauptes mit dem
matten, doch etwas zum Rötlichen neigenden Blond der Haare haben beide Bildnisse
mit einander gemein, ebenso das dunkle Barett und das schwarze Untergewand; auch
dessen violetter Überwurf kehrt im Fresco wieder, nur hat ihn Vasari, wahrscheinlich,
um in die düstere Farbenskala eine helle Note zu bringen, mit weißen Aufschlägen
versehen. Ist nun aber das Gemälde der Uffizien wirklich von Puligos Hand? Das läßt
sich freilich durch kein Dokument erweisen, aber man überlege: Wir besitzen ein authen-
tisches Bildnis Pietro Carnesecchis; Domenico Puligo hat ein solches geschaffen und
das uns erhaltene Porträt zeigt alle Merkmale, die Vasari und Raffaello Borghini als
Charakteristika der Bildnisse Puligos anführen2). Hat jedoch Puligo dies Porträt gemalt,
und wir dürfen nach alledem kaum daran zweifeln, so kann dies nur im Jahre 1527
geschehen sein, als Piero vor dem „sacco di Roma" aus dem Vatikan in die Vater-
stadt flüchtete, deren Boden er seit den Tagen der Kindheit ebensowenig betreten
hatte wie Puligo jemals die römische Erde. Und da dieser bereits im September des
nämlichen Jahres von der Pest hinweggerafft wurde, so ist Carnesecchis Porträt, nach
Vasaris Zeugnis sein „vortrefflichstes", zugleich eine der letzten Arbeiten Puligos
gewesen.
Einen neunzehnjährigen Jüngling, der das Amt eines päpstlichen Geheimsekretärs
ausfüllen konnte, mochte die Natur mit einem gewiß nicht alltäglichen Intellekt begnadet
haben, den darzustellen die Kunst eines Puligo freilich nicht ausreichte. Sein Piero ist nur
. .. . un giovan delicato
Galante e come proprio una donzella 3) . ..
Aber der Freund des Papstes ist damals noch von einem Größeren gemalt
worden und zwar von dem Meister aller, die zu jener Zeit in Florenz den Pinsel
führten, von Andrea del Sarto. Denn auch der Jüngling in dem herrlichen Porträt
des Palazzo Pitti, das, wegen der halbgeistlichen Tracht des Modells, als Bildnis
eines Laienbruders der Abtei von Vallombrosa gilt, ist, wie aus einem Vergleich mit

„Puligo" taufte, zu seinem richtigen Cartellino. Vordem hieß es „Selbstbildnis des Andrea del
Sarto" und als solches wurde es noch von Alinari photographiert, später „Scuola di Andrea
del Sarto".
9 Vasari: IV. p. 463 „.. il suo (d. h. Puligos) colorire e la bell' aria delle teste facevano
piacere l'opere sue; tenne sempre il medesimo modo di fare e la medesima maniera ehe lo fece
essere in pregio, mentre ehe visse.

-) Borghini: „Il Riposo." In Firenze MDLXXX1IL Libro terzo. p. 395. „Il suo dipignere
fu con dolcezza non molto tinto; ma come da una certa nebbia velato con gratia, e rilievo."

3) Sonett des Francesco Mauro an Carnesecchi. S. „Delle rime piacevoli". In Vinegia.
Parte prima MDCXXVII. p. 95. (Citiert bei Agostini: „Pietro Carnesecchi e il movimento
Valdesiano." Firenze 1899.)
 
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