Ueber die "Wahrnehmung des Unendlichen.
15
Der Wilde mag noch kaum ein Wort für Religion
haben, wenn aber der Papua vor seinem Karwar kauert,
seine Hände über der Stirne haltend, und sich still fragend,
ob, was er vor hat, gut oder schlecht sei, —■ das ist für
ihn Religion.
Wenn ein neuerer Philosoph, nachdem er Gott oder
die Götter für antiquirt erklärt, vor einem geliebten An-
denken niedersinkt, und alle seine Kräfte dem Dienst der
Menschheit weiht, — das ist für ihn Religion.
Wenn der Zöllner von ferne stand und seine Augen
nicht aufheben wollte zum Himmel, sondern an seine Brust
schlug und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig, — das
war für ihn Religion.
Wenn Thaies erklärte, dass alle Dinge voll von den
Göttern seien, und wenn Budha lehrte, dass es keine Devas
oder Götter gebe, so sprachen beide ihre religiöse Ueber-
■ zeugung aus.
Wenn der junge Brahmane beim Sonnenaufgang ein
• Scheit Holz auf den Feueraltar legt und in den Worten
des ältesten Gebetes ausruft: Erleuchte unsren Geist, ■—
oder wenn er in späteren Jahren alle Opfer, alle Gebete
als nutzlos, ja als schädlich erkannt hat, und still sein
eigenes Selbst im ewigen Selbst begräbt, — alles dies ist
Religion.
Schiller erklärte, er bekenne sich zu keiner Religion,
und weshalb ? — aus Religion.
Wie sollen wir also eine Definition, finden, die weit
uud umfassend genug wäre, um alle diese Phasen einzu-
schliessen ?
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Der Wilde mag noch kaum ein Wort für Religion
haben, wenn aber der Papua vor seinem Karwar kauert,
seine Hände über der Stirne haltend, und sich still fragend,
ob, was er vor hat, gut oder schlecht sei, —■ das ist für
ihn Religion.
Wenn ein neuerer Philosoph, nachdem er Gott oder
die Götter für antiquirt erklärt, vor einem geliebten An-
denken niedersinkt, und alle seine Kräfte dem Dienst der
Menschheit weiht, — das ist für ihn Religion.
Wenn der Zöllner von ferne stand und seine Augen
nicht aufheben wollte zum Himmel, sondern an seine Brust
schlug und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig, — das
war für ihn Religion.
Wenn Thaies erklärte, dass alle Dinge voll von den
Göttern seien, und wenn Budha lehrte, dass es keine Devas
oder Götter gebe, so sprachen beide ihre religiöse Ueber-
■ zeugung aus.
Wenn der junge Brahmane beim Sonnenaufgang ein
• Scheit Holz auf den Feueraltar legt und in den Worten
des ältesten Gebetes ausruft: Erleuchte unsren Geist, ■—
oder wenn er in späteren Jahren alle Opfer, alle Gebete
als nutzlos, ja als schädlich erkannt hat, und still sein
eigenes Selbst im ewigen Selbst begräbt, — alles dies ist
Religion.
Schiller erklärte, er bekenne sich zu keiner Religion,
und weshalb ? — aus Religion.
Wie sollen wir also eine Definition, finden, die weit
uud umfassend genug wäre, um alle diese Phasen einzu-
schliessen ?