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Ist Fetischismus die Urform aller Religion ?

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thurns angenommen hat, sei es, um die Grundlage unseres
eigenen Glaubens bis zu den tiefsten Tiefen zu erforschen.

Die Beweise, die ich in meiner ersten Vorlesung dar-
gelegt, waren jedoch rein abstrakter Natur. Ich wollte
zuvörderst nur die Möglichkeit, noch nicht die historische
Wirklichkeit der Wahrnehmung des Unendlichen nach-
weisen. Nichts lag mir ferner als die vollendete Idee des
Unendlichen als die erste Stufe in der historischen Ent-
wicklung religiöser Ideen hinzustellen. Religion fängt
ebensowenig mit der vollendeten Idee des Unendlichen an
als Astronomie mit dem Gesetz der Schwere; ja in ihrer
höchsten und reinsten Form ist diese Idee die letzte viel-
mehr als die erste Stufe im langsamen Fortschreiten des
religiösen Bewusstseins.

Maua, eine Melanesische Bezeichnung für das Unendliche.

In welcher schwankenden, nebelhaften Gestalt die Idee
des Unendlichen, des Unsichtbaren, oder, wie man es später
nennt, des Göttlichen, unter den niedrigsten Menschen-
stämmen zum Vorschein kommt, will ich ganz kurz
wenigstens an einem Beispiele zu zeigen suchen, nämlich
an dem Mana der Melanesier. Ein erfahrener Missionar
und geistreicher Theolog, PI. H. Codrington, Mitglied von
Wadham College, Oxford, schreibt in einem Brief vom
7. Juli 1877, von den Norfolk Inseln: „Die Religion der
Melanesier besteht, was Glauben betrifft, in einer Ueber-
zeugung, dass es eine übernatürliche Macht gibt, die aber
zum Kreise des Unsichtbaren gehört, und was Cultus be-
trifft, im Gebrauch von Mitteln um diese Macht zu unserem
eigenen Vortheil zu verwenden. Die Idee eines Höchsten
Wesens ist ihnen ganz fremd, ja selbst die Idee von irgend
 
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