124 Fünfte Vorlesung.
die an Eang und Macht verschieden und alle einem höchsten
Gott, einem Zeus oder Jupiter, untergeordnet sind. Der vedische
Polytheismus unterscheidet sich von dem griechischen und römi-
schen Polytheismus, und, möchte ich hinzufügen, auch von dem
Polytheismus der uralisch-altaischen, der polynesischen, der
amerikanischen und der meisten afrikanischen Kassen in der-
selben Weise, wie sieh ein Bund von Dorfgemeinden von einer
Monarchie unterscheidet. Es giebt Spuren eines früheren Sta-
diums des Dorfgemeinde-Lebens, welche sich in den späteren
republikanischen und monarchischen Verfassungen nachweisen
lassen, und ebenso kann nichts klarer sein, besonders in Grie-
chenland, als dass vor der Monarchie des Zeus etwas vorhanden
war, was man die Septarchie von einigen der größten Götter
Griechenlands nennen könnte. Dieselbe Bemerkung lässt sich
auch auf die germanischen Völker anwenden10. Im Veda jedoch
stehen die Götter, die von jedem Stamme als die höchsten an-
gebetet werden, noch neben einander. Keiner ist immer der
erste; keiner ist immer der letzte. Selbst Götter von einem
entschieden geringeren und engeren Charakter nehmen für
den frommen Dichter einen erhabenen Platz vor allen anderen
Göttern ein11. Es war demnach zum Zwecke einer genauen
Erörterung notwendig, einen Namen zu haben, um im Gegen-
satze zum Polytheismus diese Anbetung einzelner Götter
zu bezeichnen, von denen jeder gelegentlich die höchste
Stellung einnimmt, und ich habe dafür den Namen Kathe-
notheismus vorgeschlagen, d. h. Anbetung eines Gottes
nach dem anderen, oder Henotheismus, Anbetung ein-
zelner Götter. Dieser kürzere Name hat allgemeineren Bei-
fall gefunden, da er bestimmter den Gegensatz zwischen der
Anbetung eines einzigen Gottes (Monotheismus) und der An-
betung einzelner Götter (Henotheismus) zum Ausdruck bringt,
und wenn er nur richtig definiert wird, wird er seinem Zwecke
recht gut entsprechen. Indessen können wir bei Untersuchungen
dieser Art gegen technische Ausdrücke nicht genug auf der Hut
sein. Ich weiß, sie sind unvermeidlich; aber sie führen fast
immer irre. Es giebt z. B. einen Hymnus, der an den Indus
die an Eang und Macht verschieden und alle einem höchsten
Gott, einem Zeus oder Jupiter, untergeordnet sind. Der vedische
Polytheismus unterscheidet sich von dem griechischen und römi-
schen Polytheismus, und, möchte ich hinzufügen, auch von dem
Polytheismus der uralisch-altaischen, der polynesischen, der
amerikanischen und der meisten afrikanischen Kassen in der-
selben Weise, wie sieh ein Bund von Dorfgemeinden von einer
Monarchie unterscheidet. Es giebt Spuren eines früheren Sta-
diums des Dorfgemeinde-Lebens, welche sich in den späteren
republikanischen und monarchischen Verfassungen nachweisen
lassen, und ebenso kann nichts klarer sein, besonders in Grie-
chenland, als dass vor der Monarchie des Zeus etwas vorhanden
war, was man die Septarchie von einigen der größten Götter
Griechenlands nennen könnte. Dieselbe Bemerkung lässt sich
auch auf die germanischen Völker anwenden10. Im Veda jedoch
stehen die Götter, die von jedem Stamme als die höchsten an-
gebetet werden, noch neben einander. Keiner ist immer der
erste; keiner ist immer der letzte. Selbst Götter von einem
entschieden geringeren und engeren Charakter nehmen für
den frommen Dichter einen erhabenen Platz vor allen anderen
Göttern ein11. Es war demnach zum Zwecke einer genauen
Erörterung notwendig, einen Namen zu haben, um im Gegen-
satze zum Polytheismus diese Anbetung einzelner Götter
zu bezeichnen, von denen jeder gelegentlich die höchste
Stellung einnimmt, und ich habe dafür den Namen Kathe-
notheismus vorgeschlagen, d. h. Anbetung eines Gottes
nach dem anderen, oder Henotheismus, Anbetung ein-
zelner Götter. Dieser kürzere Name hat allgemeineren Bei-
fall gefunden, da er bestimmter den Gegensatz zwischen der
Anbetung eines einzigen Gottes (Monotheismus) und der An-
betung einzelner Götter (Henotheismus) zum Ausdruck bringt,
und wenn er nur richtig definiert wird, wird er seinem Zwecke
recht gut entsprechen. Indessen können wir bei Untersuchungen
dieser Art gegen technische Ausdrücke nicht genug auf der Hut
sein. Ich weiß, sie sind unvermeidlich; aber sie führen fast
immer irre. Es giebt z. B. einen Hymnus, der an den Indus