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156 Sechste Vorlesung.

dem Veda selbst, dass es schon in jener frühen Zeit Skeptiker
gab, welche sagten, es gebe kein solches Ding wie Indra3.

Zur Seite Indra's und mit ihm in seinen Kämpfen verbündet
und manchmal kaum von ihm unterscheidbar, finden wir die
Vertreter des Windes, genannt Väta oderVäyu, und die schreck-
licheren Sturmgötter, die Maruts, wörtlich die Zerschmetterer.

Vom Winde redend, sagt ein Dichter4: »Wo ward er ge-
boren? Von wannen entsprang er? das Leben der Götter, der
Keim der Welt! Jener Gott regt sich wo ihn gelüstet; seine
Stimmen werden gehört, aber er wird nicht gesehen.«

Die Maruts sind schrecklicher als Väta, der Wind. Sie sind
deutlich die Vertreter solcher Stürme, wie man sie in Indien
kennt, wenn die Luft verfinstert ist durch Staub und Wolken,
wenn die Bäume in einem Augenblick von ihrem Laube ent-
blößt werden, ihre Äste erzittern, ihre Stämme zerbrechen,
wenn die Erde zu taumeln und die Berge zu zittern scheinen,
und die Flüsse in Schaum und Wut dahinschießen. Dann sieht
der Dichter die Maruts herankommen mit goldenen Helmen,
mit bunten Fellen auf den Schultern, goldene Speere werfend,
ihre Äxte schwingend, feurige Pfeile abschießend und mit den
Peitschen knallend unter Donner und Blitz. Sie sind die Ge-
fährten Indra's, manchmal gleich diesem die Söhne des Dyaus
oder des Himmels, aber auch die Söhne eines anderen furcht-
baren Gottes, genannt Rudra oder der Brüller, ein streitbarer
Gott, an den viele Hymnen gerichtet sind. In ihm kommt ein
neuer Charakter zum Vorschein, der eines Heilers und Erretters
— ein sehr natürlicher Übergang in Indien, wo nichts so mächtig
ist, um Miasmen zu vertreiben, die Gesundheit wiederzubringen
und Menschen und Tieren neue Kraft zu verleihen, als ein Ge-
witter, das auf wochenlange Hitze und Dürre folgt.

Alle diese und verschiedene andere, wie Paryanya und die
Äbhus, sind die Götter der mittleren Luft, die thätigsten und
persönlichsten Götter, immer der Phantasie der alten Dichter
gegenwärtig, und in einigen Fällen die Vorbilder späterer Hel-
den, welche in den epischen Gedichten Indiens gefeiert werden.
In den Kämpfen besonders wurden diese streitbaren Götter
 
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