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Müller, Gustav; Schönberger, Hans
Untersuchungen am Kastell Butzbach — Limesforschungen, Band 2: Berlin, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.43271#0027
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legten Wohnschichten abgetragen. Man darf aber
wohl annehmen, daß die Störungen sich auf den vor-
geschuhten Teil des Hunnenburgkastells beschrän-
ken. Der ergrabene Erdkastellabschnitt liegt näm-
lich im Vorfeld des nachfolgenden Steinkastells.
Einen Teil des für die Auftragschichten benötigten
Bodens hat man sicherlich von hier abgefahren und
dadurch zu der Arbeitsersparnis zusätzlich eine Ver-
größerung des Höhenunterschiedes zwischen Mauer-
krone und dem Niveau des Vorfeldes gewonnen. Bei
der Erweiterung des Kastells nach Süden und der
Schleifung der südlichen Befestigungsanlagen der
1. Steinkastellperiode war es dagegen erforderlich,
das ehemalige Vorgelände wieder aufzufüllen23. Mei-
nes Erachtens erstrecken sich die nötigen Einplanie-
rungsarbeiten nur bis in das anschließende, aufge-
gebene Scamnum. Gleichviel, ob diese Vermutung
zu Recht besteht oder nicht, die bisherigen Ausfüh-
rungen zeigen jedoch deutlich, daß mit Ausnahme
der Erdkastell- und der Zerstörungsschichten, in
denen unter den angegebenen Fundumständen reine
Fundhorizonte anzutreffen sind, in den dazwischen
liegenden Auftragschichten Älteres mit Jüngerem
vermischt nebeneinander lagert.
Von Stellen, wo der Barackenschutt fehlte, durch
tiefgreifendes Pflügen gestört oder gar flächig ver-
zogen worden war, stammt eine ganze Anzahl Scher-
ben, die an der Grenzfläche zwischen Humuszone

und unterlagernden Schichten des letzten oder vor-
letzten Kastells aufgelesen sind. Es war im Gelände
schwierig, diese Funde richtig einzuordnen. Lehm-
oder ähnliche Estrichlagen, die das Ausmaß der Stö-
rung hätten erkennen lassen, waren nicht vorhanden.
Das Auftragsmaterial bestand aus dem gleichen hu-
mosen Boden wie die Humuszone selbst. Vereinzelt
paßte aber eine Scherbe einem größeren Bruchstück an,
das in ihrer Nähe aus sicherer Fundlage an der Unter-
fläche ungestörten Brandschuttes gehoben worden
war. Diese Funde wurden zunächst zu einem eigenen
Komplex zusammengefaßt, da ja die Möglichkeit
bestand, daß sie die oberste Fundschicht repräsen-
tierten. Die Bearbeitung zeigte aber Älteres in fast
gleichem Verhältnis neben Jüngerem vertreten. Der
Sauberkeit der Schichthorizonte zuliebe wurden da-
her diese Gefäßreste der Humuszone zugewiesen.
Der Katalog24 legt den Fundstoff schichtweise ge-
ordnet vor. Die verschiedenen stratigraphischen
Fundgemeinschaften sagen nun nicht in gleichem
Maße zur Datierung ihres Standortes aus. Ihre chro-
nologische Bedeutung für die Zeitansätze einmal der
festgestellten lokalen Perioden und zum anderen der
sich überregional andeutenden keramischen Typen-
reihen hängt zum großen Teil von der Entstehung
der einzelnen Schichten und der im Gelände ge-
wonnenen Beobachtungen über die jeweiligen Lage-
rungsverhältnisse ab.

1. Periode. DAS ERDKASTELL

Die Hinterlassenschaft dieser Periode ist in den
Erdlager- und den Auftragschichten für das ältere
Steinkastell enthalten, da beide unmittelbar aufein-
ander folgen. Wegen des geringen Umfanges beider
Fundgruppen stellte es sich schon bald als unzweck-
mäßig heraus, sie für eine genauere Datierung ge-
sondert abzuhandeln. Aus Nützlichkeitserwägun-
gen wurden mit diesem Fundstoff auch die aus spä-
teren Schichten geborgenen südgallischen Relief-
scherben Inv. Nr. A 1955 : 55 und A 1955 : 56 und
Inv. Nr. A 1955 : 122 (Taf. 1, 4; 1, 13) bearbeitet,
da sie ja zu diesem Horizont gehören und seinen
Beginn enger einzugrenzen vermögen.
Wie schon erwähnt, ist die Butzbacher Relief-
keramik nur mit der Form Dragd. 37 vertreten.
Über die Entstehung dieser Schüssel hat zuletzt Ett-
linger, Augst, S. 54 f. einige Hinweise gegeben. In
den beiden Schichten sind Reste von 8 Schüsseln ge-
funden worden, von denen 6 in La Graufesenque

hergestellt wurden. Die Brste. Inv. Nr. A 1955 : 37
und A 1955:39, A 1955:41, A 1955:42, A
1955 : 55 und A 1955 : 56 (Taf. 1, 1; 1, 2; 1, 4)
weisen Punzen auf, die von der Töpfergruppe Mer-
cato, Biracillus, Masculus u. a. benutzt worden sind.
Dieser Kreis wird vor allem charakterisiert durch das
oft auftretende kleine Grasbüschel und den großen
Fächer25. Für die größeren Brste. lassen sich fast
identische Vergleichsstücke bei Knorr und Ricken26
aufzeigen. Die zeitlichen Ansätze für den Kreis um
Mercato schwanken etwas. Knorr datiert diese Töp-
fer in domitianische Zeit, in die Jahre 80—90
n. Chr.27; Oswald-Pryce lassen Mercato bis in tra-
ianische Zeit reichen28; Karnitsch wieder lehnt sich
23 Vgl. Taf. 28.
24 Unten S. 42 ff.
25 Ettlinger, Augst, S. 55.
26 Siehe Zitate S. 43.
27 Knorr 1919, 6 f.
28 Oswald-Pryce, Introduction, S. 58.

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