Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
9

katholische Kirche im Frankenreich zu reorganisieren. Er wurde da-
durch zum Mittler zwischen Papst Stephan II. und König Pippin. So be-
gleitete Chrodegang den Papst bei dessen Reise ins Frankenreich 753 - 55
und wurde von diesem in Saint - Denis mit dem Pallium ausgezeichnet
und zum päpstlichen Stellvertreter im Frankenreich erhoben. Pippin
schickte Chrodegang im Jahr 760 nach Rom, mit dem Erfolg, daß in Metz
eine Schola Cantorum, eine Sängerschule nach römischer Art, eingerich-
tet wurde, die schon sehr bald einen hohen Ruf genoß. Die neuen Gesänge
und der römische Ritus wurden im sogennanten Sacramentarium G$lasia-
num niedergeschrieben. Der Chronist Paulus Diaconus [730-799] rlihmte
die Verdienste Chrodegangs als Bischof von Metz:

«Nachdem der Klerus sich reichlich an das göttliche und römische Recht
gewöhnt hatte, hat er CChrodegang, d.Verf.] ihm befohlen, dem Gesang,
dem Brauch und der Ordnung Idem Ritus, d.Verf.] der römischen Kirche
zu dienen, was bis zu dieser Zeit in der Metzer Kirche kaum getan
wurde.» 9

Durch diese Verordnung Chrodegangs und durch die Einrichtung der
Metzer Sängerschule - bei der auch Liturgiewissenschaft und Liturgik
gelehrt wurde- ist Chrodegang zu einem Wegbereiter des Gregoriani-
schen Chorals im Frankenreich geworden. 764 wurde er auch erster Abt
des neugegründeten Klosters Lorsch. Nun war Lorsch einerseits als
Reichskloster direkt der Herrscherfamilie der Karolinger unterstellt und
andererseits eine Neugründung in einem Gebiet älterer christlicher Tra-
dition, nämlich in unmittelbarer Nähe deralten Bischofsstädte Mainz und
Worms. Das Zusammentreffen all dieser Faktoren macht fast sicher, daß
Lorsch so zu einem wichtigen Zentrum zur Verbreitung des Gregoriani-
schen Chorals in Deutschland wurde, wenngleich die erhaltenen Quellen
nicht speziell auf dieses Verdienst eingehen,

Die Gründung des Lorscher Klosters hatte eindeutig politische Ziele. Dies
beweisen das Interesse des fränkischen Königshaus und die prominente
Ausstattung, der großaufgezogene Gründungsakt am 12. Juli 764 und die
später nicht weniger prächtigen Feste der Übertragung der Reliquien des
Heiligen Nazarius am 11. Juli 765 und der Weihe der neuen Klosterkirche
am 1. September 774. Chrodegang [Rudgang] wurde von den Stiftern, dem
Grafen Cancor vom Oberrheingau und seiner Mutter Williswinda, mit der
Leitung der Neugründung betraut.

9 zit. nach Fellerer, S. 247 / MGH Scriptorum II.: «Ipsumque clerum abundanter lege divina
Romanaque imbutum cantilena, morem etque ordinem Romanae ecclesiae servare prae-
cepit, quod usque id iempus in Mettensi ecclesia factum minime fuit.»

Eine Würdigung Chrodegangs findet sich bei Stäblein, MMM 2, S. 69f.
 
Annotationen