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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 2.1849

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https://doi.org/10.11588/diglit.20260#0079

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Es ist wahrhaftig eine volitische Kommuuion, die jetzt allenthalben
begangen wird, in Schwabcn, am Rhein, in Franken! Und die Vorbeding-
nngen'sind bei Gott erfüllt! Wir haben eine ,,thatige Reue" empfun-
den übcr unser 30jährigcs Dulden, wir haben Dank, den Centralgcwalts-
schnitzern, Buße gethan und uns, so wahr es ein Malmö gibt, gedemüthigt!

Leider gcwchrte ich in manchen Gesichtern, die dem Adreßgetriebe zusahen,
eine von meinen politisch-poctischcn Jdeen ganz verschiedene Ansicht. Ein
Handschuhmachcr, „der irrthümlich seineBornirtheit mit einer Urtheilsfäh-
igkeit verwechselte nnd selbe baldigst umzutauschcn ausgefordert wird, wi-
drtgenfalls man scinen Namen verösfentlicht," änßerte: ,,Js dös a Volk,
was da unterschrcibt? dcs san ja lautcr Schuster nnd Schneider!" Oh
Prachtcremplar eines Münchcner Bürger! Schuster und Schneider sind
kein Volk, scndcrn der Mensch fängt crst bcim Handschuhmacher an! Der
Ehrenmann vcrkauft auf dem Schrannenplatz, und ist dcu ganzcn Tag zu
sprcchcn/ aber nie läßt sich mit ihm reden!

Kaum lief die zwölfiausendmal untcrschricbcne Adresse vom Stappel,
als sich das Rathhaus schon wieder öffnetc, mn cinc — Bürgerversamm-
lung aufzunehmcn. Dieses Rathhaus, üußerte cin reactionärer Ratursor-
scher, muß doch dcn Rachen immer offen haben, wie cine Klapperschlangc.
Die Plakatc sind die Augen, wonüt sie die Leute anglotzt, und durch
diese verführt tölpeln sie in's Berderben. Die Bürgcr abcr, (der Ge-
vaiter Handschuhmacher wird dcn Ausdruck nicht nbel nehmen), be-
schloffcn — ein Mißtrauensvotum gcgcn den Münchner-Magistrat, weil er
in der deutschen Sachc nichts gcsagt hattc.

Was für ein Votum mnß er erst dekommen,
wenn er einmal etwas gesagt hat!

Unten abcr auf dem Platze standen dic Mitglieder jenes Vereines, dcn
man tn einer anständigen Gcscllschaft nicht wohl ncnnen darf, Gestalten, die
der Studien werth sind. Ein Mann mit langem, grünem Rock, der schon
viele Vereins - Sitzungen durchgemacht haben muß; das Gesicht hatte
ungefähr die Farbc der Rathhaustreppe und war in sehr mürrische
Faltcn gclegt; cr trug dic bcidcn Händc in dcn Hosentaschen und warf,
die Theilnehmenden mustcrnd, den Schwerpunkt seines Körpers immer
vom rcchten auf den linkcn Fuß und vom linkcn wieder zum rechten.
Ein anderer mit schwarzcm Rocke, dcssen Nase, Mund u. s. f. hcr-
sahen wic cinc Tafel mit der Jnnschrist: „bis zur Errichtung cincs Ge-
sichtes," berührte sehr oft seine Kappe, denn jedem guten Bürger gefällt
seine Kappe und sprach seine Ansicht dahin aus „man solle die Lumpen
allc zusammenhaucn." Ein dritter, bei welchem sich der Mund nach der
äußersten Rechten und die Nase nach der äußersten Kinken hinaus dehnte,
gab ihm Beisall. Jn solchcn Gruppen stand und schimpfte die Crsme
der Dtünchener Ultramontanen und ich nahm eincn Freund zum Zeugen,
daß nicht eine einzige annähernd menschltche Phhsiognomie oder Gestalt
darunter zu stnden war.
 
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