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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 2.1849

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https://doi.org/10.11588/diglit.20260#0198

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IS«

schreiben, und von diesem Reichstag d!e definitive Gestaltung der Erde
festsetzen zu laffen. Er überlegte aber nachher: Es könnten zu viele Par-
teien entstehen, vvn denen sich jede ihre eigene Welt bildet, so daß zuletzt
gar keine Erde zu Stande käme, über die er herrschen könnte; oder es würde
Einigkeit eintreten, und dadurch müßte die Grde so schön werden, daß der
Himmel gar nichts vor ihr voraus hätte— somitbeschloß der liebeGott,
der Erde gleich selbst eine passende Versaffung zu oktroyiren.

Der erste Paragraph dcr vom lieben Gott oktroyirten Erd-
verfassung heißt: „Es werde Licht". Es ist sehr gut, daß das Ver-
«inbarungsprinzip hier ganz gefallen tst, denn sonst würde dieser erste Pa-
ragraph schon sehr heftig bekämpft werden.

Die Herren Lassaulr und Lerchenfeld (lctzterer aus „innigster Ueber-
zeugung") wären für gänzliche Weglassung; die Panr-Weiß'sche Partei
brächte ctwa den Antrag: „Jn Erwägung, daß die Dunkelheit den Augen
sehr wohl thut, und mehrere Uebel, z. B. der Sonnenftich, im finstern
gar nicht vorkommen — in Erwägung daß im Trüben gut fischen ist,
endlich in Erwägung daß bei Nacht alle Kühe schwarz.sind, so sehen wir
nnsere Minister für ganz wackere Lente an; in Erwägung aber daß das
Geschrei nach Licht bereits unerträglich ist, >n Erwägung daß, wenn das
Licht erschassen ist, man nöthigenfalls die Leute auch hintersLicht füh-
ren kann -— habcn wir der Einführung einiger Sonncnstrahlcn nichts ent-
gegen, unter der Bedingung, daß wir vorher um Erlaubniß gefragt wer-
den." Herr Heinc würde die Erschaffung des wohlthätigcn Sonncnlichts
für eine Physischc Schnitzelei erklären, und sodern, daß entweder die ganze
Welt fortan ein Feuer- und Flammenmecr sei — oder daß, „da wir cin-
mal auf obscurer Basis sitzen", die alte Nacht erhalten bleibe, und dazu
noch jedem einzelnen die Augcn dreifach verbunden würdcn — ein Mittel-
weg erschiene ihm kleinlich und miscrabel. — Der liebe Gott hat das
wohl gewnßt, und deßhalb AlleS gethan, ohNe einen Mcnschen zu fragen,
- gerade wie der Herr v. d. Pfordten!

Sonne nnd Mond, Gras und Kräuter, Schafe und Lassaulr'sche Licb-
lingc Alles ist in dieser oktroyirten Erdverfassung gewährleistet. Auch das
Unkraut, die Giftpflanzen sind verfassungsmäßig, »nd der Schöpfer rst nicht
zu bewegen, auch nur einen revrdirenden Landtag einzuberufcn, um
das Schädliche aus der Verfassungsurkunde der Natur auszumerzen — es
rst nichts zu Lndern an diesem „Geschenk des göttlichen Absolutiömus."
Der Eigensinn steht denr altcn Herrn gut! Aber stie kleinen Oktroyirer,
die rhn rn dresem Eigensinn nachahmen möchtcn, sehcn um so erbärm-
licher aus.

Zn dem 6. Paragraph der oktroyirten Erdverfaffung kommt auch der
Mensch vor, als Ebenbild Gottes. Davon ist in keiner andern Verfas-
sung die Nede, nicht einmal rn der bayrischen, und hätte crnc Vereinbarung
 
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