DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.25836#0306
298
OulllLume I. empfing die Mitglieder des statistischen Con-
gresses, hielt hiebei eine deutsche Rede und wiederholte dieselbe,
den Ausländern zu lieb, selbst in französischer Sprache.
Louis Napoleou soll, als er vou dieser zartesten aller Auf-
merksamkeiten hörte, beschlossen haben, am nächsten Januar seinen
etwaigen Neujahrsgruß eigens dem Grasen v. d. Goltz zu
lieb in deutscher Sprache zu wiederholen.
Es ist total unrichtig, wcnn behmiptet wird, w koi c!o ?russe habe
bei seiner letzten Anwesenheit in Rastatt die Gräber der für die Reichs-
verfassuug Gefalleueu besucht uud daselbst mit einiger Rühruug verweilt.
Er sagte uur eiu Mal zu eiuem Begleiter: „ül'est ee pas, c'esl iest gu'on
u lusillk >68 cbess cle I'insurrection?"
Aucht und Ordnung sind gauz gut, aber Pferdezucht ist
das Beste. Solches lehrt uns der preußische Miuister v. Selchow
durch seine 'bci einer Preisevertheilung in Königsberg gehaltene
Rede. „Wer solche Pferde zieht, dient seinem König am
besten!" Also nicht Liebe, Treue und Gehorsam sind es,
welche die Loyalität ausmachen, nicht durch Erziehung brauch-
barer Staatsbürger dient man dem im König verkörperten Staats-
Jdeal, sondern im Gegentheil auf thierischem Wege, durch Ver-
vollkommuung des Gestütewesens. Der Glaube ohne die Werke
ist todt — uud die Loyalität ohne Pferdezucht ist wenigstens
halbtodt. Dabei wird die Stellung des preußischen Königthums
immer merkwürdiger; mit dem einen Fuß steht es im Bereich
mystisch-übernatürlicher Regionen und nimmt die Krone direkt
von Gottes Tisch — auf der andern Seite schlürft es mit Wohl-
gefallen den Duft der immer zahlreicher werdenden Noßställe;
mit Pferdezucht dient man ihm, Beschäler sind die hohen Priester
dieser irdischen Gottheit — nach Herrn v. Selchow nämlich.
Und bei dem Allen noch der unvermeidliche Beruf, an die
Spitze Deutschlands zu treten. Wenn der Mann uur nicht alle
Träume unserer Jdeologen unter den Hufschlag seiner Pferde
wirft!
OulllLume I. empfing die Mitglieder des statistischen Con-
gresses, hielt hiebei eine deutsche Rede und wiederholte dieselbe,
den Ausländern zu lieb, selbst in französischer Sprache.
Louis Napoleou soll, als er vou dieser zartesten aller Auf-
merksamkeiten hörte, beschlossen haben, am nächsten Januar seinen
etwaigen Neujahrsgruß eigens dem Grasen v. d. Goltz zu
lieb in deutscher Sprache zu wiederholen.
Es ist total unrichtig, wcnn behmiptet wird, w koi c!o ?russe habe
bei seiner letzten Anwesenheit in Rastatt die Gräber der für die Reichs-
verfassuug Gefalleueu besucht uud daselbst mit einiger Rühruug verweilt.
Er sagte uur eiu Mal zu eiuem Begleiter: „ül'est ee pas, c'esl iest gu'on
u lusillk >68 cbess cle I'insurrection?"
Aucht und Ordnung sind gauz gut, aber Pferdezucht ist
das Beste. Solches lehrt uns der preußische Miuister v. Selchow
durch seine 'bci einer Preisevertheilung in Königsberg gehaltene
Rede. „Wer solche Pferde zieht, dient seinem König am
besten!" Also nicht Liebe, Treue und Gehorsam sind es,
welche die Loyalität ausmachen, nicht durch Erziehung brauch-
barer Staatsbürger dient man dem im König verkörperten Staats-
Jdeal, sondern im Gegentheil auf thierischem Wege, durch Ver-
vollkommuung des Gestütewesens. Der Glaube ohne die Werke
ist todt — uud die Loyalität ohne Pferdezucht ist wenigstens
halbtodt. Dabei wird die Stellung des preußischen Königthums
immer merkwürdiger; mit dem einen Fuß steht es im Bereich
mystisch-übernatürlicher Regionen und nimmt die Krone direkt
von Gottes Tisch — auf der andern Seite schlürft es mit Wohl-
gefallen den Duft der immer zahlreicher werdenden Noßställe;
mit Pferdezucht dient man ihm, Beschäler sind die hohen Priester
dieser irdischen Gottheit — nach Herrn v. Selchow nämlich.
Und bei dem Allen noch der unvermeidliche Beruf, an die
Spitze Deutschlands zu treten. Wenn der Mann uur nicht alle
Träume unserer Jdeologen unter den Hufschlag seiner Pferde
wirft!