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ihm leisten wir unsern Pacht und was wir schnldig sind, und
sonst Keinem! Damit stießen die beiden kräftigen Gestalten ihre
Gläser zusammen, wie an Eides statt. Der Wirth aber, ein
kugelrunder phlegmatischer Kerl, Namens MichlBund, saß in
einer Ecke und schlief. Plötzlich hörte man verworrene Stimmen,
es entstand ein Lärm, daß selbst der Wirth anfwachte. Der
Glücksbnrger ist todt, hieß es, sein Neffe wird Gntsherr. Da
sprangen die beiden Erbpächter auf nnd riefen hinaus: „Elende
Testamentsfälschung! Niederträchtige Erbschleicherei! Wir lassen
uns nicht verhandeln, wir lassen mit nns keine Taschenspielerftücke
treiben! Wir erkennen Niemanden an, wir zahlen Niemanden
Pacht, als Friedrich von Augnstenbnrg!" — Bravo! erscholl es
aus der Menge. Nnter derselben befand sich aber ein gewisser,
von früher her nicht ganz gut belenmundeter Mensch, Namens
Berliner, ein anscheinend hungriger, im Wachsen begriffener
Bursche mit langem schmalen Leib, und ein gewisser Oestreicher,
viel älter als der Vorige, Tabaks-, Vieh- und Getreidehändler,
Besitzer bedeutender Grundstücke an der Donau, die aber noch
incht recht ausgebeutet sind; Oestreicher soll sich überhaupt
schon öfters in bedrängter Lage befunden haben. Berliner trat
nun in unverschämter Weise vor, begaun dem Schleswiger nnd
dem Holsteiner zn opponiren, das Testament der verstorbenen
Gntsherren zu vertheidigen, und die Anwesenden als vorlante
Schreier zu bezeichnen. Oestreicher, den er zu seinen Gnnsten
als Zeugen aufrief, znckte die Achseln und meinte ebenfalls, um
das, was die Leute hier sagen, werde man fich uicht kümmern. Da
wnrde die Entrüstnng allgemein. Selbst Michl Bund, der phleg-
matische Bierzapfler kam in Aufregung, nahm Schleswiger und
Holsteiner auf seine Seite, vertheidigte ihr Necht nnd erklärte, er
würde dem Glücksburger, wenn er die Frechheit hätte, aufzuziehen,
nie eine Stärkung verabreichen und zahle er was er wolle. Zn-
gleich begann Michl Bund dem Störenfried Berliner, so wie
seinem anscheinenden Freund Oestreicher die Leviten zn lesen.
Was thut aber Berliner? Er faßt den Bund am Kragen und
wirft ihn zu seinem eigenen Gebiet hinaus. Die allgemeine
Verblüfftheit war so groß und Berliner geberdete sich so wütheud,
daß Niemand gegen ihn in die Schranken trat; ein gewisser
Sachse, der dem Michl Bund zur Seite gestanden, nahm sogar
einen Umweg durch 's Fenster, nnr um schnell aus der Stube
zu kommen. Oestreicher aber hatte die Hände in den Taschen
und snmmte ein nnverständliches Lied vor sich hin.
Als nun die Vier allein in der Stube waren, gestaltete sich
die Sache fnr Schleswiger und Holsteiner etwas bedenklich. Sie
waren zwar krästige nnd muthige Leute, aber die beiden Andern
ihm leisten wir unsern Pacht und was wir schnldig sind, und
sonst Keinem! Damit stießen die beiden kräftigen Gestalten ihre
Gläser zusammen, wie an Eides statt. Der Wirth aber, ein
kugelrunder phlegmatischer Kerl, Namens MichlBund, saß in
einer Ecke und schlief. Plötzlich hörte man verworrene Stimmen,
es entstand ein Lärm, daß selbst der Wirth anfwachte. Der
Glücksbnrger ist todt, hieß es, sein Neffe wird Gntsherr. Da
sprangen die beiden Erbpächter auf nnd riefen hinaus: „Elende
Testamentsfälschung! Niederträchtige Erbschleicherei! Wir lassen
uns nicht verhandeln, wir lassen mit nns keine Taschenspielerftücke
treiben! Wir erkennen Niemanden an, wir zahlen Niemanden
Pacht, als Friedrich von Augnstenbnrg!" — Bravo! erscholl es
aus der Menge. Nnter derselben befand sich aber ein gewisser,
von früher her nicht ganz gut belenmundeter Mensch, Namens
Berliner, ein anscheinend hungriger, im Wachsen begriffener
Bursche mit langem schmalen Leib, und ein gewisser Oestreicher,
viel älter als der Vorige, Tabaks-, Vieh- und Getreidehändler,
Besitzer bedeutender Grundstücke an der Donau, die aber noch
incht recht ausgebeutet sind; Oestreicher soll sich überhaupt
schon öfters in bedrängter Lage befunden haben. Berliner trat
nun in unverschämter Weise vor, begaun dem Schleswiger nnd
dem Holsteiner zn opponiren, das Testament der verstorbenen
Gntsherren zu vertheidigen, und die Anwesenden als vorlante
Schreier zu bezeichnen. Oestreicher, den er zu seinen Gnnsten
als Zeugen aufrief, znckte die Achseln und meinte ebenfalls, um
das, was die Leute hier sagen, werde man fich uicht kümmern. Da
wnrde die Entrüstnng allgemein. Selbst Michl Bund, der phleg-
matische Bierzapfler kam in Aufregung, nahm Schleswiger und
Holsteiner auf seine Seite, vertheidigte ihr Necht nnd erklärte, er
würde dem Glücksburger, wenn er die Frechheit hätte, aufzuziehen,
nie eine Stärkung verabreichen und zahle er was er wolle. Zn-
gleich begann Michl Bund dem Störenfried Berliner, so wie
seinem anscheinenden Freund Oestreicher die Leviten zn lesen.
Was thut aber Berliner? Er faßt den Bund am Kragen und
wirft ihn zu seinem eigenen Gebiet hinaus. Die allgemeine
Verblüfftheit war so groß und Berliner geberdete sich so wütheud,
daß Niemand gegen ihn in die Schranken trat; ein gewisser
Sachse, der dem Michl Bund zur Seite gestanden, nahm sogar
einen Umweg durch 's Fenster, nnr um schnell aus der Stube
zu kommen. Oestreicher aber hatte die Hände in den Taschen
und snmmte ein nnverständliches Lied vor sich hin.
Als nun die Vier allein in der Stube waren, gestaltete sich
die Sache fnr Schleswiger und Holsteiner etwas bedenklich. Sie
waren zwar krästige nnd muthige Leute, aber die beiden Andern