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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 19.1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.25837#0271

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angesehen sein? Erlebe hoch!" Und so merkten sie es gar nicht,
welch' schlechte Complimente ihrem politischen Verstand dnrch die
Gemeinplähe und Zeitungsanekdoten gemacht wurden, die Herr
Völk in neuerer Zeit eigens für den Wirthshausgebrauch bei sich
führt. Herr Völk gewöhnt sich an, mit hoher Stimme zu spre-
chen und nach jedem dritten Wort ein gebellartiges „meine Herr'n"
einzuwerfen. Möge er es ablegen und sein Publikum wieder in
der früheren besseren Form auszanken.

Nach Herrn Völk kam — was soll nach ihm noch kommen?
Nichts mehr! Doch ja, ein anderer Herr aus Schwaben ent-
wickelte noch großdcutsch - demokratische Sätze und dann kam die
„Abstimmuug", ein sonderbares Ding iu einer solchen Versamm-
lung. I)r. Nubner verschrieb aus den vorbereiteten und den
Kolb'schen Resolutionen eine Art Mirtur, welche der Versammlung
denn auch richtig eingegeben wurde, alle fünf Minuteu ein
Absatz. So wurde also die Unterordnung unter Preußens
militärische Führung rind zugleich ächte und billige Volksbewaff-
nung mit Abschaffung des jahrelangen Kasernendienstes verlangt.
Ferner betraute man den Grafen Bismark mit der diplomatischen
Vertretung Bayerns und wünschte dazu ein deutsches Par-
lament im Sinne der Reichsverfassnng, also mit verantwortlichen
Reichsministern u. s. w. — Mit der Ausftihrung der Beschlüsse
wurde glücklicher Weise Niemand beauftragt.

Außer den vielen Phrasen kam nichts Störendes vor. War
es doch so voll, daß man keinen Apfel, viel weniger eine Petarde
hätte zu Boden werfen können. Um Mitternacht trenntcn sich
die Versammelten. Viele hatten ausnahmsweise wenig oder gar
kein Bier getrunken, was ihuen jedenfalls nicht schadete. Wie
lange die „Vorbereiter" noch miteinander kneipten ist unbekannt;
Erholung war ihnen jedensalls zu gönnen.

Die gefaßten Resolutionen aber werden gedruckt in vielen
tausend Eremplaren in die Welt kommen. Möge ihnen der
Käs leicht sein!

Klemc Friihstücksplaudcreien.

Vor noch nicht langer Zeit, bevor nämlich das Konigreich Jtalien
von Bayern anerkannt war, bedienten sich bayrische Kauslente, welche im
Lande der Citronen zu thuu hatten, schwedischer Pässe. IeHt müßen
jene Bayern, welche die sränkisch-bayrische Demarcationslinie überschreiten
wollen, ihren Vorweis mit einem französischen Visum versehen lassen.
Bald Schweds bald Schützling der Pariser Uloire —

Was wird aus dir noch, edler Boar?!
 
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