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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 19.1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.25837#0422

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Klcine FrühstiicksPlandcrcie».

Das „Morqenblait" der „Bayrischeir" bespricht den nen erschienenen
Jahrgang des gothaischen genealogischen Kalenders und bemerkt dabei
nrit philosophiscber Seelenruhe: „Die Folgen des versiossenen Jahres
treten einem sowohl im personellen wie im statistischen Theil entgegen!"
Von den fnrstlichen Familien, meldet der Berichterstatter naiv, sind drei
in die Reihe der Nichtregierenden gekommen! Die Frage, wie der gothaische
Hofkalendcr möglicher Weise das nächste Mal anssehen wird, bleibt nn-
bernhrt, was auch das Gescheidteste ist. Uebrigens crsahren wir bei
dieser Gelegenheit auch, daß Bavern nnter allen Ländern die meisten
Orden besitzt.

Bayern kein ernsthafter Staat mehr? Was größere aus-
wärtige Organe über die bayrische „Ministerkrisis" sagen und ein
östreichisches Blatt auch direkt ausspricht, lautet: Von den Vorgängen in
München lasse sich ernstlich nicht reden. Was mögen nun erst die
Gesandtschaftsberichte an ihre resp. Höfe schreiben!

Aus Zürich verlautet Feenhaftes über ein von Semper ge-
sertigtes Holzmodell des Münchener Zukunfts-Festth eaters. Das-
selbe scheint in der Art und Weise angelegt, wie Richard Wagner in
seinem Bnche: „Kunst und Nevolntion" vorschreibt. Solche Theater sollen
nämlich Tausende von Menschen sassen, Jedermann offen stehen nnd den
Schönheitssinn der alten Griechen in der hentigen Generation wieder er-
wecken, eben dadurch aber die Menschheit frei nnd glücklich machen.
Wer's erlebt, wird sich selbst davon überzeugen- Wenn man eine Gas-
siamme als Mond darüber leuchten läßt, so soll sich, wie die „Neuesten"
berichten, das Modell wundervoll ansnehmen. Ein schwärmerischer Be-
schauer sände da Gelegenhcit zn mehrstündigem Tränmen. Stadtvätern
dürfte jedoch ein lciser Schreck aufstcigen, lvenn sie hören, daß zn diesem
Tempel eine neue Jsarbrücke und zu dieser cin neu herzustellender
Straßenkörper sühren soll. Armer Gemeindesäckel! — Ucbrigens dürfte
die Ausführung des ganzen Projekts vielleicht nach Nürnberg verlegt
werden.

Der neu entstandene „Verein zur Hebnng des Credits" ver-
ösfentlicht seinc Satzungen. Der Verein stellt sich znr Aufgabe: u) „durch
S ammlung der thatsächlichen Mißstände den wankenden Creditznstand
der Gegenwart zu beweisen". So ein Mißständesammler hat in der
That eine schöne und dankbare Arbeit. Der Verein hat aber auch die
Aufgabe: b) die Ursachen dieser Mißstände zu ergründeu nnd e) diese
Mißstände zu beseitigen. Was dann mit den Ursachen geschehen
soll, ist in den Satznngen nicht vorgeschrieben. Uebrigens reicht der
„Verein zur Hebung dcs Credits" in Noth- nnd Krankheitsfällen auch
Darlehen. Wenn also ein Mitglied in Noth kommt und nimnü vom
Verein 10 Gulden zn leihen, so wird dadurch der Credit gehoben!
 
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