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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 19.1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.25837#0264

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258

Dieser Tage vevbreitete sich dahier die Nachricht ven dein Ausbruch
einer Revolntion in Wien. Offenbar ist dieß dieselbe Revolntion, die
schon vor ein paar Wochen in Berlin nicht ausgebrochen ist.

Das Casseler Hoftheater ist am ersten, das Dresdener Hoftheater am
zweitcn Angust nneder eröffnet worden. Das hannöver'sche Hostheater
soll noch bis znm November geschlossen blciben. Lauter H o ftheater ohne
Höfe! Butterbrode ohne Vutter!

Sächsische Blätter fiihreil Klage darüber, daß das Selfgoverne-
m ent (sreie Sclbstverwaltling) da aufhört, >vo einige Mühe damit ver-
bunden ist, wie z. B. bei der eindringlich empfohlenen D es in fici rung
der Abtritte. Ohne Zwang seien die Herren Siaatsbürgcr zu dieser ge-
meinnützigen Maßregel nicht zu bringen. — Das ist nnn freilich trau-
rig, aber ebenso lraurig ist es, wenn das Selfgovernement gerade beim
Abtritt anfängt und am Ende — anch auf denselben beschränkt bleibt.

Politische Amnestieakte sind etwas Erhabenes, der Gotlheit
selbst Würdiges. Sie könneu aber auch mitnuter komisch sein. So
wurde in Kassel der bekannte I)r. Oettker, der nnter dem Er-Kurfürsten
wegen Theilnahme am Nationalverein in Untersuchung war, vom
preußischen Administrator ivegen dieses Verbrechens vollkommen amnestirt.

Kapellmeister Taubert in Berlin — (auch in München bekannt,
wo er Ritter des Michaelsordens wurde) ^— hat einen großen Sieges-
marsch über uns componirt, der zum Besten der Verstümmelten auf-
geführt wird. Jn eine neue Posse, die man im Woltersdorf'schen
Theater gibt, wurde ein Ouodlibet eingeschaltet, betitelt: „Benedeck in
Berlin", das ungeheuren Effekt niacht und das Publikum fast zum
Platzen bringk, obwohl dasselbe Thema noch vor zwei Monaten an der
Spree keinen so komischen Anstrich hatte. — Auf einer andern Bühne
gefällt ein Vogel-Couplet ungeheuer, so daß dasselbe zum Besten
der Verwundeten gedruckt erschienen ist. Wie es scheint, wird darin der
Sieger an der Mainlinie, General Vogel, verherrlicht. Die Bundes-
truppen mögen dabei schön wegkommen.

Könnte man den Unglücklichen der Rhön und des Spessarts nicht
auch dadurch aufhelfen, daß man sie gruppenweise photographiren läßt?
Photographie ist in Mitte schwerer Zeiten eine schöne Erleichterung.

Die Beilage zur Allg. Ztg. enthielt unlängst ein an den Siegerkönig
von Preußen adressirtes, in der Form ganz schönes Gedicht, aber —
Welch' Jammer, welche Heulerei, pfui D^ubel!

Die Verse sind in jedem Fall von —

keinem Bayern oder Süddeutschen
überhaupt.

Druck der vr. Wild'schen Buchdruckerei (ParcuS).
 
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