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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 24.1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.20258#0096

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Kleine Frühstücksplaudereien.

Hcrr Prof. Greil gibt in dcr „Donauzeituiig" in „großen Nmrissen",
nne er sagt, die Gesichtspnnkte zn crkenncn, von denen er sicb als Neichs-
tagsabgeordneter „leiten zu lassen gedenke". Dem Eintritt Bayerns habe
er sich bis zum letztcn Augenblick widersetzt, jetzt aber wolle er, daß das
Reich eine „erfreuliche Entwicklung" nehine und er wäre glücklich, wenn
die glorreichen Zeiten Deutschlands wieder kämen. Aber wie, Herr
Prosessor, reimt sick» darauf das Auathema, das Jhre Fraktion über jeden
Eandidatcn ausstieß, der sür die Verträge gestiinmt hatte? — S>lbst-
verständlich verspricht Herr Greil sich jeder Beeinträchtignng der katholischen
Kirche widersetzen zu wollen, er wird aber auch „nicht zugeben", daß den
nbrigen Confessionen llnrccht zugefngt werde. Wenn der Abgeordnete
von Passau uuter den „nbrigen Confessionen" lediglich dcn Protestaniis-
mus versteht, so wird ihm diese Aufgabe am Sitz des preußischen König-
thums gewiß nicht schwer werden. Außerdem wünscht Herr Professor
Greil noch geordnete Freiheit, auf gesnnden Grundlagen rnhende Bildnng,
materielle Wohlfahrt, keine sortgesctzten Kriege, Herabmindeinng der
Militärlast u. s. f. Aufrichtig setzt er schließlich hinzn: „e s hängt
nicht von mir allein ab."

Das Prozekt einer sechswöchentlicheu Landestrauer sindet in Prenßeu
keine giinstige Anfnahme; zahlreiche Kategorien von Gewerblreibenden
würden dadnrch erheblichc Einbuße leiden. Anch die Theaterblätter eifern
dagegen; mancher Direktor nnd Schauspieler, der schon knnstlos ist,
würde dadurch anch noch brodlos.

Eine originelle Dekoration war bei dcr Friedensfeier an cinem Hause
in Dresden angebracht, nämlich ein ausgestopfter lebensgroßer Kutschk e,
der zum Fenster heraussah und aus einer langen Pfeife rauchte. Aus
der Pfeife ging, wie ein Dresdener Blatt ausdrücklich hervorhebt, am
Hauptfesttag sogar wirklicher Rauch heraus. Das Haus, an welchem
diese anßerordentliche Kunstleistung bewundert wurde, war das Hotel
zum „Münchener Hof".

Der Friedensverlrag übergeht die Frage wegen der Kunstschätze
vollkommen und sagt kein Sterbenswörtchen von der Hcrausgabe des
sog. „Manesse'schen Codex", der Eigenthnm der bayrischen Regenten-
familie ist und wahrend des 30jährigcn Krieges in Heidelberg gestohlen
wurde. Da die Franzosen künftig nur Haß athmen wollen, was thun
sie dann mit deutschen M i n n e sängern?

Druck der vr. Wild'schen Buchdrucker-i (Gebr. ParcuS).
 
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