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Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst — 1.1906

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Bode, Wilhelm von: Originalwiederholungen glasierter Madonnenreliefs von Luca della Robbia
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https://doi.org/10.11588/diglit.67745#0048
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Originalwiederholungen glasierter Madonnenreliefs von
Luca della Robbia.
Von Wilhelm Bode.
Kein Künftler, Raphael nicht ausgenommen, hat uns fo zahlreiche und mannig-
fache Darftellungen von Mutter und Kind und darin fo treue Abbilder der Natur
mit fo feiner Empfindung und folchem Schönheitsfinn hinterlaffen wie Luca della
Robbia*). Faft jede feiner Madonnen-Kompositionen gibt die Geftalten neu in der
Form, in der Raumfüllung, im Reliefftil, in Bewegung und Ausdruck. Um fo auf-
fallender ift es, daß von einer Anzahl diefer Kompofitionen Wiederholungen, nicht nur
in farbigem Stuck, fondern auch in glasiertem Ton vorkommen. Soweit man früher
auf diese Tatfache überhaupt acht gegeben hat, pflegte man ftch damit abzufinden,
daß man nur ein Exemplar als Original anerkannte, die Wiederholungen aber der
Werkßatt zuwies oder als Fälfchungen dekretierte. Heutzutage, wo fo vieles und
und fo gefchickt gefälfcht wird, ift man ja mit diefer Ausrede leicht zur Hand,
wenn man irgend eine auffallende Tatfadie nicht anders zu erklären weiß oder
Blößen im eigenen Wißen in vorteilhafter Weife verdecken will. Aber Fälfchungen
von Robbia-Arbeiten, denen man ihre moderne Qualität nicht (dion von weitem
anfähe, foll man erft einmal nachweifen!
Zum Glück haben wir, feitdem die Kunftfchätje der Madonna dell’ Impruneta
vor Florenz wieder bekannt geworden find, ein klaffifches Zeugnis für die Autor-
fchaft foldier Wiederholungen der Madonnenreliefs des alten Luca. In dem gla-
fierten Friefe des einen der beiden großen Tabernakel Midielozzos, die beiderfeits
den Chor fchmücken und je einen Altar Lucas bergen, find nämlich zwei Exemplare
derfelben Madonna des Künßlers eingelaffen, und zwar an derfelben Seite, die
*) Meiner in den „Florentiner Bildhauern der Renaiffance“ fkizzierten Zufammenftellung der
Werke, die ich dem Luca della Robbia zufchreibe, kann ich jetzt verfchiedene hinzufügen. Vor
allem eine herrliche große Lünette mit der Madonna zwifchen zwei anbetenden Engeln, den be'
rühmten beiden Lünetten im Bargello und der an San Domenico in Urbino verwandt und gleich-
wertig, im Kaifer Friedrich-Mufeum zu Berlin, für das fie in England erworben wurde. Von zarter
Empfindung ift das im vorigen Jahre für die Sammlung Benda in Wien erworbene ganz kleine bemalte
Tonrelief im alten Tabernakel; Maria drückt das Kind zärtlich an fielt. Eine Anbetung des Kindes,
ähnlich der im Mufeum zu Crefeld, tauchte vor ein paar Jahren im Florentiner Kunfthandel auf, um rafdt
wieder zu verfchwinden — wohl nach Amerika? Sie hat auch ihr altes, für Luca charakteriftifches
Tabernakel. Von einem ganz frühen Flachrelief der Madonna hat das Berliner Mufeum einen
altbemalten Stuck als Gefchenk erhalten. Ein gleichzeitig erworbenes kleineres Tonrelief, das fchon
einer etwas fpäteren Zeit angehört, i(t merkwürdig dadurch, daß unter der alten Farbe Refte der
mißglückten urfprünglichen Glafur fielt befinden. Das Kunftmufeum in Kopenhagen befitzt davon
ein Exemplar mit vorzüglicher Glafur.
 
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