BERICHTE DER STAATLICHEN SAMMLUNGEN UND DER KUNST-
WISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT IN MÜNCHEN
K. ANTIQUARIUM 1911
VON JOHANNES SIEVEKING
A. Ägyptische Abteilung.
1. Bronzestatuette des sitzenden lesenden I m-
hotep. Höhe 0,123. Saitiseh.
2. Bronzestatuette des Horus mit Krone und
Widderhörnern. Nur der Oberkörper erhalten.
Höhe 0,1 17. Saitisch.
3. Mumienleinwand mit Totenbuchtexten. Spätes
neues Reich.
mag in Italien gearbeitet sein, ihr Stil ist aus-
gesprochen jonisch, die nächste Parallele scheint
mir die Bronze aus Ephesus (British Museum,
Excavations at Ephesus Taf. 14) zu sein, die im
Gewand etwas entwickelter, in der Ausführung
viel roher ist. Der säulenartige Unterkörper
erinnert an die im übrigen fortgeschrittenere
Hera des Cheramyes, die Gesichtsbildung an
die neugefundene Statue von Samos (Athen.
Mitt. 1906 Taf. 10-12). Das Stück ist kunst-
geschichtlich von größter Wichtigkeit, der ägyp-
B. Griechisch-römische Abteilung. tische Einfluß unverkennbar.
2. Statuette einerweib1ichen Gewand-
1. Statuette einer bekleideten Frau alt- figur archaisch-etruskischen Stils
(Abb. 2). Höhe 0,225. Aus
Volterra. Vollgegossen.
Stehende Frau mit spitzen
Schnabelschuhen in joni-
schem Chiton mit halb-
langen, durch je vier
Knöpfe auf den Armen
geknöpften Ärmeln. Der
Stoff des Gewandes ist
durch eingeritzte parallel
laufende Wellenlinien cha-
rakterisiert, an dem Rock,
den die linke Hand seitlich
emporrafft, läuft vorne in
der Mitte ein mit Mäander-
muster verzierter Streifen
herunter und setzt sich
unten am Saume fort; in
der Körpermitte, wo der
Mäander beginnt, befindet
sich eine Vertiefung, hier
scheint eine Tauschierung,
die den Gürtel markierte,
herausgefallen zu sein.
Der rechte Arm ist er-
hoben, Daumen, Zeige-
und Mittelfinger, die ge-
streckt sind, haben ver-
mutlich eine Blüte ge-
halten. Den Kopf bedeckt'
ein spitzer Tutulus in Gestalt einer in fünf
übereinanderliegenden Streifen umlaufenden
Binde, die hinten wieder schräg abwärts läuft.
Über der Stirn und im Nacken ist das Haar als
Wulst sichtbar, der nur durch die sehr großen
I. Bronze.
jonischen Stils (Abb. 1), Höhe 0,15. Aus
Rom. Vollgegossen. Die
Figur steht ganz frontal
auf niedriger viereckiger
Plinthe mit geschlossenen
Füssen in Schuhen, bis
zu denen das faltenlose,
an dem Oberkörper wie
an dem schaftartig gebil-
deten Unterkörper eng
anliegende, in der Kör-
permitte durch einen Gür-
tel leicht zusammenge-
schnürte Gewand herab-
reicht. Dasselbe ist vorne
in seiner ganzen Länge
durch einen senkrechten
breiten Streifen mit ein-
geritzten Rauten verziert.
Die Ärmel reichen bis zur
Mitte der Oberarme, die
Arme und die ausgebrei-
teten Hände liegen fest am
Körper an. Das volle Ge-
sicht mit stark vorsprin-
gender Unterpartie, sehr
flach liegenden Augen,
hochsitzenden Ohren und
niedriger zurückweichen-
der Stirn ist geradeaus
auf einen kurzen Scheitel-
Abb. 1.
Abb. 2.
gerichtet. Das bis
strich mitten über der Stirn völlig ungegliederte
Haar liegt wie eine Kappe auf dem Kopf an
und fällt wie ein glattes Tuch auf Rücken
und Schultern. Brüste und Glutäen sind
ziemlich kräftig ausgebildet. — Die Bronze hochsitzenden Ohren unterbrochen wird. Im
WISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT IN MÜNCHEN
K. ANTIQUARIUM 1911
VON JOHANNES SIEVEKING
A. Ägyptische Abteilung.
1. Bronzestatuette des sitzenden lesenden I m-
hotep. Höhe 0,123. Saitiseh.
2. Bronzestatuette des Horus mit Krone und
Widderhörnern. Nur der Oberkörper erhalten.
Höhe 0,1 17. Saitisch.
3. Mumienleinwand mit Totenbuchtexten. Spätes
neues Reich.
mag in Italien gearbeitet sein, ihr Stil ist aus-
gesprochen jonisch, die nächste Parallele scheint
mir die Bronze aus Ephesus (British Museum,
Excavations at Ephesus Taf. 14) zu sein, die im
Gewand etwas entwickelter, in der Ausführung
viel roher ist. Der säulenartige Unterkörper
erinnert an die im übrigen fortgeschrittenere
Hera des Cheramyes, die Gesichtsbildung an
die neugefundene Statue von Samos (Athen.
Mitt. 1906 Taf. 10-12). Das Stück ist kunst-
geschichtlich von größter Wichtigkeit, der ägyp-
B. Griechisch-römische Abteilung. tische Einfluß unverkennbar.
2. Statuette einerweib1ichen Gewand-
1. Statuette einer bekleideten Frau alt- figur archaisch-etruskischen Stils
(Abb. 2). Höhe 0,225. Aus
Volterra. Vollgegossen.
Stehende Frau mit spitzen
Schnabelschuhen in joni-
schem Chiton mit halb-
langen, durch je vier
Knöpfe auf den Armen
geknöpften Ärmeln. Der
Stoff des Gewandes ist
durch eingeritzte parallel
laufende Wellenlinien cha-
rakterisiert, an dem Rock,
den die linke Hand seitlich
emporrafft, läuft vorne in
der Mitte ein mit Mäander-
muster verzierter Streifen
herunter und setzt sich
unten am Saume fort; in
der Körpermitte, wo der
Mäander beginnt, befindet
sich eine Vertiefung, hier
scheint eine Tauschierung,
die den Gürtel markierte,
herausgefallen zu sein.
Der rechte Arm ist er-
hoben, Daumen, Zeige-
und Mittelfinger, die ge-
streckt sind, haben ver-
mutlich eine Blüte ge-
halten. Den Kopf bedeckt'
ein spitzer Tutulus in Gestalt einer in fünf
übereinanderliegenden Streifen umlaufenden
Binde, die hinten wieder schräg abwärts läuft.
Über der Stirn und im Nacken ist das Haar als
Wulst sichtbar, der nur durch die sehr großen
I. Bronze.
jonischen Stils (Abb. 1), Höhe 0,15. Aus
Rom. Vollgegossen. Die
Figur steht ganz frontal
auf niedriger viereckiger
Plinthe mit geschlossenen
Füssen in Schuhen, bis
zu denen das faltenlose,
an dem Oberkörper wie
an dem schaftartig gebil-
deten Unterkörper eng
anliegende, in der Kör-
permitte durch einen Gür-
tel leicht zusammenge-
schnürte Gewand herab-
reicht. Dasselbe ist vorne
in seiner ganzen Länge
durch einen senkrechten
breiten Streifen mit ein-
geritzten Rauten verziert.
Die Ärmel reichen bis zur
Mitte der Oberarme, die
Arme und die ausgebrei-
teten Hände liegen fest am
Körper an. Das volle Ge-
sicht mit stark vorsprin-
gender Unterpartie, sehr
flach liegenden Augen,
hochsitzenden Ohren und
niedriger zurückweichen-
der Stirn ist geradeaus
auf einen kurzen Scheitel-
Abb. 1.
Abb. 2.
gerichtet. Das bis
strich mitten über der Stirn völlig ungegliederte
Haar liegt wie eine Kappe auf dem Kopf an
und fällt wie ein glattes Tuch auf Rücken
und Schultern. Brüste und Glutäen sind
ziemlich kräftig ausgebildet. — Die Bronze hochsitzenden Ohren unterbrochen wird. Im