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Münchner kunsttechnische Blätter — 11.1914-1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.36599#0087
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Manchen, 14. Juni 1915.

Baisse 2Hr „Werkstatt der KHnst" (E. A. 8e etwa tan, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Prof. Ernst Berger.

II. Jahrg. Nr. 19.

Inhalt: Die Maltechnikj Franz v. Lenbachs. Vom Herausgeber. — Was soii der Künstler, der Maler, von
der Chemie wissen? Von G. Büchner. — El Grecos Technik.

Die Maltechnik Franz v. Lenbachs.
Vom Herausgeber.

Volle zehn Jahre sind verflossen, seit der
Münchener Meister, einer der berühmtesten Por-
trätisten seiner Zeit und vielleicht einer der besten,
die das Jahrhundert hervorgebracht hat, sein
arbeitsreiches Leben beschliessen musste*). So
schnell sind diese Jahre dahingegangen, dass es
einem wie wenige Monate dünkt! Aber ein Blick
auf den Katalog der ihm zu Ehren veranstalteten
grossen Gedächtnisausstellung am Königsplatz
mit der Jahreszahl 1905 gibt dafür den genügen-
den Anhalt.
In dieser glänzendsten aller Porträtausstel-
lungen waren etwa 270 Werke des Verstorbenen
zu sehen, also nur ein Bruchteil jener vielen, die
er in den verschiedenen Perioden seines arbeits-
reichen Lebens geschaffen hat, und die, in alle
Welt verstreut, die Gemächer gekrönter und fürst-
licher Häupter, die Säle öffentlicher Galerien oder
die vornehmen Wohnräume der Aristokratie des
Geistes und des Geldes zieren. Die Gelegenheit,
so viele Bilder des Malers zusammen zu sehen,
die Möglichkeit, Vergleiche aller Art anstellen zu
können und dabei ausser hinsichtlich des Ent-
wicklungsganges auch über die Erhaltung von
Werken, die schon Jahrzehnte alt sind, Beobach-
tungen zu machen, dürfte nicht sobald wieder-
kehren. Der Mund ist für immer verstummt, der
uns darüber Aufklärung geben könnte, weil er
es allein wissen musste, warum Gemälde eines
bestimmten Zeitabschnittes gut erhalten sind, an-
dere wieder frühzeitig alle Zeichen des Verfalles
zeigen, der uns sagen könnte, warum er eine
Methode aufgegeben hat, um einer anderen zu
folgen, oder uns von den technischen Erfahrungen

eines ganzen Künstlerlebens diejenigen hätte über-
liefern können, die als Gesamtsumme seiner hun-
derte von Versuchen für uns von grösstem Werte
wären! In solchen Fällen muss man es bedauern,
dass keinerlei Aufzeichnungen darüber gemacht
wurden, wie wir solche für gewisse Zeitabschnitte
wenigstens, z. B. für Böcklin von dessen Schüler
Schick besitzen, oder dass in anderweitiger Weise,
durch Notizen, Aufzeichnungen, Briefen od. dgl.,
die technischen Erfahrungen festgehalten wurden,
wie es der gleichen Wegen zustrebende Gussow
getan hat. Und selbst die wenigen Freunde und
Weggenossen, die etwa nähere Angaben machen
könnten, auch diese sind in den letzten Jahren
aus unserer Mitte geschieden, wie die beiden
Seitz, Seidl und andere des Freundeskreises, der
sich um Lenbach scharte.
Um Lenbachs Maltechnik in ihren Entwick-
lungsstadien nur einigermassen richtig nachgehen
zu können, bleibt uns nur mehr der induktive
Weg übrig, nämlich aus der allgemein üblichen
Maltechnik seiner Zeit auf die Besonderheit der
Lenbachschen Malweise schliessen zu müssen und
durch Beiziehung aller zugänglichen Ueberliefe-
rungen, durch Erinnerungen seiner Genossen oder
von sonst ihm Näherstehenden das Material zu-
sammenzutragen, das für unsere Zwecke von
einiger Wichtigkeit sein könnte. Und zum Ver-
gleich dient uns dann die Fülle seiner Werke,
die über den Wert aller maltechnischen Rezepte
willkommenen Aufschluss geben können.
In der oben erwähnten Gedächtnisausstellung
waren Gemälde Lenbachs vom Jahre l8$ß ab,
als er noch ohne Anleitung den Pinsel führte, bis
zu seinem Tode, umfasste mithin einen Zeitraum
eines halben Jahrhunderts! Ausser in den Be-

*) Lenbach starb am 6. Mai 1914.
 
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