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Deutscher Museumsbund [Mitarb.]
Museumskunde: Fachzeitschrift für die Museumswelt — 1.1905

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Koetschau, Karl: Die Wiener Verhandlungen über die Erhaltung von Kunstgegenständen
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https://doi.org/10.11588/diglit.69241#0063

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Koetschau, Die Wiener Verhandlungen über die Erhaltung von Kunstgegenständen

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reich hätte man sich des Wahlspruches »viribus unitis« erinnern sollen. Und schließlich:
hatte man die Ausländer schon eingeladen, so durfte man sie nicht an einem
beliebigen Punkte plötzlich ausschalten. Man verstehe mich nicht falsch. Mir,
der ich in der »Museumskunde« die internationale Arbeit fordere, liegt kleinliche
nationale Empfindlichkeit und Übelnehmerei ganz fern. Hier aber muß ich tadeln,
weil die Sache durch die nationale Begrenzung schwer getroffen wird,
weil man etwas, was von höchster Bedeutung für den Kunstbesitz der
Nationen hätte werden können, ohne Not, ohne irgendwelche zwingende
Gründe zu geringerer Bedeutung dadurch herabgedrückt hat, daß
man wieder einmal sagte: »am besten bleiben wir doch unter uns«.
Aber angenommen, die nationale Einschränkung sei berechtigt. Wo blieb
das »Vorschriftennormale«, wo die »Feststellung und Verteilung der weiteren
Arbeiten und der hierzu nötigen Versuche und Mittel?« Man sah und hörte nichts
davon. Das aber war die Folge einer beklagenswerten Planlosigkeit der Leitung.
Denn was erörtert werden sollte, darüber schien man sich nicht immer ganz klar
zu sein, wenn die Verhandlungen wieder aufgenommen wurden. Keiner der ein-
zelnen Punkte wurde in strenger Folge ganz durchgesprochen, von dem ursprüng-
lichen Programm kaum ein Teil erfüllt. Der Fragebogen, der im Laufe des ersten
Verhandlungstages ausgegeben wurde, konnte nicht zur Diskussion gestellt werden.
Gewiß war er als die Arbeit eines einzelnen, des Herrn Dr. Dreger, der unend-
liche Mühen auf sich genommen hatte, anzuerkennen, aber gerade deswegen —
dessen verschließt sich auch der Herr Autor selbst am wenigsten — war er der
ergänzenden und verbessernden Mitarbeit der anderen ebenso wert wie bedürftig.
Wäre man über den Fragebogen in dreitägiger Arbeit ins Klare gekommen, so
wäre das eine bemerkenswerte Tat der Versammlung gewesen. Denn damit hätte
man der künftigen Arbeit den Boden so vorbereitet, daß dessen weitere Bestellung
die größte Aussicht auf Erfolg gehabt haben würde. Statt dessen blieb es jedem
überlassen, daheim über die Hunderte von Fragen nachzudenken, ob sie wirklich
richtig gestellt gewesen und wo sie zu ergänzen seien. Unmittelbare Vorteile hat
von der schweren Arbeit des Herrn Dr. Dreger nur die Journalistik gehabt. Denn
die »Neue Freie Presse« und die »Zeitschrift für österreichische Volkskunde« haben
sich aus den Fragen, zum Teil auch aus den der Fragestellung nach zu ver-
mutenden Antworten einen Bericht zusammengebaut, der in jedem Teilnehmer
den Argwohn gegen sich selbst erwecken mußte, daß er die Sitzungen verträumt
habe. Denn gerade die Dinge, über die man nicht gesprochen hatte, waren hier
als Gegenstände der Verhandlungen bezeichnet, indem der unbekümmerte Redakteur,
der viel mehr Planmäßigkeit voraussetzte, als vorhanden war, bei Seite i des
Fragebogens anfing und soweit in seinem Berichte ging, als er der Leistungs-
fähigkeit der Versammlung zumuten zu dürfen glaubte. So war denn auch dafür
gesorgt, daß das Komische zu seinem Rechte kam.
 
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