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Deutscher Museumsbund [Mitarb.]
Museumskunde: Fachzeitschrift für die Museumswelt — 1.1905

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Seidlitz, Woldemar von: Ein deutsches Museum für asiatische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.69241#0189

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EIN DEUTSCHES MUSEUM FÜR ASIATISCHE KUNST

VON
W. v. SEIDLITZ1)

Mit jedem Jahrhundert erweitert sich der Kreis der Aufgaben, die den Museen
gestellt sind. Während das 18. Jahrhundert von Kunstsammlungen nur die
Antiken-Kabinette, die Gemäldegalerien und die Kunstkammern kannte, traten mit
dem 19. Jahrhundert die ägyptischen, assyrischen, babylonischen Sammlungen
hinzu und wurde die bis dahin verachtete mittelalterliche Kunst in das Bereich
des Sammelns gezogen. Nachdem in den letzten Jahrzehnten auch die Erzeugnisse
der eigentlichen asiatischen Kunst, der ostasiatischen, der südasiatischen, der
islamitischen, in nennenswertem Umfang in die Sammlungen von Privaten wie
in öffentliche Museen (ethnographische und kunstgewerbliche) Eingang gefunden
haben, erweist es sich als eine Aufgabe der Staatssammlungen, nunmehr im
20. Jahrhundert für dieses neue, in sich geschlossene Gebiet die geeignete selb-
ständige Unterkunft zu beschaffen.
Es handelt sich dabei um diejenige Kunst Asiens, welche unabhängig von
dem Kulturkreis der Mittelmeervölker emporgeblüht ist, also um die Kunst Chinas
mit ihren Nebengebieten Tibet und Korea; um die japanische; die indische
Kunst mit der hinterindischen und indonesischen als Nebengebieten; und
endlich die weitverzweigte Kunst des Islam, welche die Kulturgebiete des Altertums
bis nach Spanien einerseits, anderseits bis nach Indien und nördlich bis Samarkand
überzieht. Daß dabei solche Grenzgebiete wie die koptische Kunst in dem nach-
«) Der vorstehende, im Februar 1903 als Manuskript gedruckte und nur an eine kleine Zahl von
näher Beteiligten versandte Aufsatz gelangt hier, bis auf die Anbringung weniger Verbesserungen und die
Streichung des Schlusses, unverändert zum Abdruck, um diese Ausführungen, auf die in der letzten Zeit
bei Besprechung der ähnlichen und hoffentlich von Erfolg gekrönten Bestrebungen Bodes in Berlin bereits
mehrfach von der Presse hingewiesen worden ist, auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der
Schluß des Aufsatzes, der sich auf die Errichtung eines Reichsmuseums für asiatische Kunst in Berlin bezog,
ist hier gestrichen worden, weil sich dem Verfasser in der Folgezeit die Überzeugung aufgedrängt hat,
daß die für die Verwirklichung einer solchen Absicht erforderlichen Bedingungen nicht vorhanden seien.
Es bleibt ihm nur die Hoffnung übrig, daß unterdessen die Notwendigkeit, in der angegebenen Weise
und zwar rasch vorzugehen, klar genug erkannt worden ist, um wenigstens an einzelnen Stellen Deutschlands
den Ausbau von Sammlungen für asiatische Kunst zu ermöglichen, bevor es dafür zu spät geworden
sein sollte. Grundbedingung für die richtige Anlage und die gedeihliche Anlage solcher Sammlungen
muß freilich sein, daß sie einer selbständigen künstlerischen Leitung unterstellt und nicht mit den
auf ganz andere Ziele gerichteten ethnographischen oder kunstgewerblichen Museen verknüpft werden.
Museumskunde. I, 4. 25
 
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