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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 44.1916/​1917(1918)

DOI Artikel:
Wagner, Paul: Ein Gesangsbuchplan des Grafen Johann VI. von Nassau-Dillenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.60614#0159
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Ein Gesangbuchplan
des Grafen Johann VI. von Nassau-Dillenburg.
Von
?♦ Wagner,

Die Bedeutung, die der Kirchengesang und das geistliche Lied für die
Gemeinde, wie für den einzelnen Gläubigen hat, ist von der Kirche der Re-
formation früh erkannt worden. Liebevoll pflegte sie dieses Lied, das durch
sie eine hervorragende Ausbildung erfuhr und damit ein Mittel zur Ausbreitung
reformatorischer Gedanken wurde. Ursprünglich in Einzelblättern verbreitet,
wurden die Gesänge in der Folge erst zu kleineren, dann grösseren Samm-
lungen vereinigt, die man beim Gemeindegesang benutzte. Das 16. Jahrhundert
hat bereits eine grosse Zahl von Gesangbüchern dieser Art aufzuweisen.1)
Bekannt ist und oft gewürdigt, welche Verdienste sich M. Luther als
Dichter neuer und Umdichter älterer Kirchenlieder erworben hat. Auch Zwingli
betätigte sich auf diesem Gebiet, wenngleich seine Lieder einen Vergleich mit
denen Luthers nicht auszuhalten vermögen2), wie denn die reformierte Kirche
überhaupt damals namhafte Dichter nicht aufzuweisen hat. Sie nahm daher
anfänglich die auf lutherischer Seite entstandenen Gesänge gern in ihren Vor-
rat auf, wurde später aber, namentlich seit dem Auftreten Calvins, zurück-
haltender, indem sie sich mehr und mehr nur auf die Psalmen beschränkte.
Für die französisch-reformierte Kirche fertigte Clement Marot und der Genfer
Theodor Beza eine Übersetzung der Psalmen in französischer Sprache an, und
der Franzose Goudimel versah sie mit ansprechenden Melodien.3) Von ihrem
Werke hat dann der Lutheraner Ambrosius Lobwasser aus Schneeberg i. S.,
Hofgerichtsassessor und Professor in Königsberg i. Pr., 1573 eine deutsche
Bearbeitung mit den französischen Melodien herausgegeben, die bald die weiteste
*) Ph. Wackernagel, Bibliographie zur Geschichte des deutschen Kirchenliedes im
XVI. Jahrhundert, Frankfurt a. M. 1855. Ergänzungen hierzu in desselben Verfassers Werk:
Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zum Anfang des 17. Jahrh. 5 Bände,
1864—1877.
2) W. Wackernagel, Geschichte der deutschen Literatur II2, 87.
*) W. Scherer, Geschichte der deutschen Literatur, Berlin 1883, S. 290; vgl. ferner
Smends Artikel: Psalmenmelodien in der Realenzyklopädie für protestantische Theologie und
Kirche, Bd. XVI, 214, ferner Choisy’s Artikel: Marot, ebenda S. 364 und K. Müller über
Goudimel, ebenda Bd. VII, 43.
 
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