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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 59.1939

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Moeren, Egon: Zur sozialen und wirtschaftlichen Lage des Bauerntums im 12. bis 14. Jahrhundert
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I. Kap. Die freie Erbleihe
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https://doi.org/10.11588/diglit.62288#0040
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36

Egon Mo er en

ist in manchem mit einer Hypothek zu vergleichen: hier wie dort Zins, sogar
die Möglichkeit der Ablösbarkeit der Last, d. h. also die des Rückkaufes,
besteht und wird öfter ausbedungen.
Da sich diese Arbeit auf die bäuerlichen Leihen beschränkt, sind als
Leihobjekte nur Acker*, Wein* und Gartenland zu berücksichtigen. Beim
Ackerland sind dabei zwei Gruppen zu unterscheiden: erstens die voll aus*
gestatteten Bauernstellen mit Haus, Hof, gesamter Einrichtung und dem dazu*
gehörenden Land, alles zusammen als curtis, mansus, Hufe bezeichnet14; zwei*
tens die kleineren Landstücke, die ohne Zubehör zur Erbleihe ausgetan wur*
den; dabei war es natürlich von ganz erheblicher Bedeutung, ob es sich um
einigermaßen zusammenhängende Landteile oder aber um sehr zersplittertes
Streuland handelte. Gerade der kirchliche Grundbesitz setzte sich vielfach
aus Streuländereien zusammen. Zu einer einschneidenden Neuordnung durch
Verkauf oder Tausch war es nicht gekommen, vielfach fehlte der Wille dazu,
oft standen dem auch kirchliche Gesetze im Wege.15 Genug, wir haben hier
mit einer besonders starken Streulage zu rechnen. Um ein Bild von dem
Grade der Zersplitterung zu geben, seien hier einige Beispiele aus Mainzer
Urkunden angeführt:

68 Morgen zu
20 Teilen
von
10 bis 1/4
Morgen
16
25
55 55
17
55
55
4
55
1/2
55
17
32
55 55
13
55
55
13
55
1/2
55
18
45
5? 55
18
55
55
7
55
1/4
55
19
20
5? 55
7
55
55
7
55
1
5,
20
9
55 55
6
55
55
2
55
1
. 55
21
44
55 5,
37
55
55
5
55
1/8
55
22

Es versteht sich von selbst, daß bei solcher Zersplitterung eine geordnete
Bewirtschaftung äußerst erschwert war. Die Arbeit und die Betriebskosten
vergrößerten sich dadurch ganz erheblich. Der Boden büßte damit in entspre*
chendem Maße an Wert ein. Wenn an der Ausstattung des Gutes etwas fehlte,
dann erhielt der Pächter oft Zinserlaß oder sogar Geld, um den Hof mit den
notwendigen Baulichkeiten und Einrichtungen ausstatten zu können.
Nächst der Zinshöhe gingen den Bauern am meisten die Lasten an, die
er im Zusammenhang mit der Nutzung des Leihegutes zu tragen
hatte. Aus den eingangs angegebenen allgemeinen Kennzeichen der Erb*
leihe ergibt sich, daß die Lasten nicht erheblich sein konnten. Indessen in
der günstigen Lage wie jenes Kloster, das sich ausdrücklich Freiheit von allen
Lasten und Bestimmungen ausbedingen konnte, werden sich wenige befunden
haben.23 Recht unverbindlich und wohl nur als allgemeine Sicherungsbestim*
mungen sind zu verstehen die Bezeichnungen wie „sub cultura debita conser-
rare“, „cum bona diligentia ordinäre“, „debito modo excolere“, die sich in
dieser oder ähnlicher Fassung in den allermeisten Urkunden finden.24
Genauer und einschneidender sind schon solche Verpflichtungen, die be*
sagen, daß das Stroh, das man von diesen Gütern erhält, wieder „in utilitatem
ipsorum bonorum“ verwendet werden muß26, wohl in der Art, daß es unter*
gepflügt wird und so als Düngemittel dient. Ueber das Düngen kommen all*
gemeine und ganz bestimmte Anordnungen vor. Um auch gewiß zu sein, daß
der Beliehene seiner Pflicht nachkommt, wird manchmal festgesetzt, das Dün*
gen habe unter Aufsicht zu geschehen. 26 Die speziellen Düngebestimmungen
können in keiner Weise als übermäßig bezeichnet werden. Ein klug wirtschaf*
tender Bauer wird schon von sich aus von 13 Morgen jährlich wenigstens
einen düngen27, oder gar von 45 Morgen jährlich nur eineinhalben.
Diese Anordnungen werden vor allem für den Fall berechnet gewesen sein,
daß der Beliehene beabsichtigte, das Gut zwar zur Erbleihe zu nehmen, aber
den Boden einige Zeit über Gebühr nutzen wollte, um ihn dann liegen zu
lassen und auf sein Erbrecht zu verzichten. Auf diese Fälle mögen auch be*
 
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