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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 59.1939

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Moeren, Egon: Zur sozialen und wirtschaftlichen Lage des Bauerntums im 12. bis 14. Jahrhundert
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I. Kap. Die freie Erbleihe
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https://doi.org/10.11588/diglit.62288#0045
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Zur sozialen und wirtschaftlichen Lage des Bauerntums

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Es ist weiterhin schwierig zu sagen, wie die Maße sich entwickelt haben,
welche Unterschiede zum Beispiel zwischen denen des 13. und 14. und denen
des 18. Jahrhunderts bestehen. Daß wir nicht gezwungen sind, uns diese Un*
terschiede als sehr groß vorzustellen, zeigt ein Beispiel aus dem Stift Xanten,
das die entsprechenden Angaben über die gleichen Landteile im Jahre 136 6 85,
140086 und 168687 vermittelt. Dort sind eine Reihe Höfe angeführt, die zum
Teil als Zins ein Drittel ihres Gesamtertrages abführen müssen. Da diese Be*
träge nun in den angegebenen Jahren nicht wesentlich auseinandergehen, wird
man schließen können, daß einerseits die Größe der Höfe sich nicht verändert
hat — wie auch aus unmittelbaren Zahlenangaben ersichtlich ist — und daß
anderseits der Gesamtertrag kaum gesteigert wurde, also die Wirtschaftsfüh*
rung vorwiegend sich gleich geblieben ist. Man wird deshalb von dem
Grundsatz ausgehen dürfen, daß die Landmaße vom 12. bis 14. Jahrhundert
im großen und ganzen mit denen des 18. Jahrhunderts, die uns zugänglich
sind, übereinstimmen. Diese Maße sind in dieser Arbeit meistens, soweit nicht
bessere Angaben zur Verfügung standen, zugrunde gelegt.88
Genau das gleiche Bild ergibt sich bei den Getreidemaßen. Auch hier
scheint mir, daß der gleiche Grundsatz den meisten Erfolg verspricht. Ver*
gleiche zwischen verschiedenen Ortsmaßen am Niederrhein zeigen, daß ihr
Verhältnis zueinander im wesentlichen gleich geblieben ist89, woraus die Fol*
gerung erlaubt sein wird, daß auch an sich die Größen dieser Maße ziemlich
gleich geblieben sind.
Bei all den Angaben, die im folgenden gemacht werden, sind diese An*
näherungswerte stets zu beachten. Es soll darum auch nicht der Hauptwert
auf die genau bestimmte Einzelpachtsumme gelegt werden, sondern größere
Pachtzinsgruppen sollen als Ausgangspunkt dienen. Solange die Pacht nicht
mehr als ein Drittel des Gesamtertrages ausmacht, wird man von einer sich
lohnenden Bauernwirtschaft sprechen können. Wenn bei Verleihung von
Weingütern häufig der halbe Ertrag als Zins gefordert wurde, dann spielen
hier besondere Umstände eine gewichtige Rolle, die an dieser Stelle uner*
wähnt bleiben können.
Noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts betrug der Bodenertrag kaum
mehr als die Hälfte des heutigen. Wie die Lage im 19. Jahrhundert war, läßt
eine Uebersicht, die von der Goltz mitteilt90, erkennen. Der Ertrag eines preu*
ßischen Morgens in der Provinz Sachsen war in Zentnern:
Weizen Roggen Gerste Hafer
1836—39 7,75 8,26 7,76 7,12
1850—54 8,9 8,85 10,99 10,01
Nachdem künstliche Düngemittel in umfassender Weise benutzt wurden, wa*
ren die Erträge:
Weizen Roggen Gerste Hafer
1895—98 16,4 12,77 15,05 16,3 Ztr.
Auf Grund dieser Angaben ist man wohl berechtigt, für die Zeit vom 12. bis
zum 14. Jahrhundert, die sich hinsichtlich des Bodenertrages nicht erheblich
von dem ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert unterschieden ha*
ben kann, einen Gesamtertrag anzusetzen, der 30 bis 40 Prozent des heutigen
ausmacht. Mit Absicht werden hier zwei verhältnismäßig weit auseinander*
liegende Werte genommen. Durch ihren Unterschied sollen auch andere Um*
stände, die ich hier nicht ausdrücklich berücksichtige (Wert des Bodens, un*
genaue Maße u. ä.), möglichst ausgeglichen werden.
Aus der beigegebenen Tabelle ergibt sich, daß die meisten Erbbeliehenen
einen Zins zu leisten haben, der unter 33 Prozent des gesamten Ertrages
ihres Leihegutes liegt. Es sind 73 Prozent der benutzten Beispiele. Auf nur
20 Prozent des Gesamtertrages beläuft sich der Zins bei 40 Prozent der
 
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