Zur sozialen und wirtschaftlichen Lage des Bauerntums
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Was geschah aber nun, wenn diese keinen Wert darauf legten, auf die
neuen Behändigungen einen Einfluß auszuüben? Hierfür bestimmt das Xan«
tener Kapitel so:47 In diesem Falle sollten die freigewordenen Hände an das
Xantener Kapitel fallen und nicht an die Erben der verstorbenen Behändigten.
Allerdings sollten diese die freigewordenen Hände erwerben können, nur
sollte der Eindruck eines Erbrechtes vermieden werden. Es lag anscheinend
dem Stift sogar daran, diese Nachkommen in die Hände ihrer verstorbenen
Angehörigen eintreten zu lassen; denn das Freiwerden der betreffenden
Hände sollte in allen Pfarrkirchen verkündet werden, um so den Erben der
verstorbenen Behändigten Gelegenheit zu geben, beim Xantener Kapitel um
die Behändigung einzukommen. Wenn mehrere Erben sich melden würden,
dann sollte der Nächstverwandte die Behändigung erhalten.
Der Propst von Xanten hatte für seine Güter aus dieser Gewohnheit schon
einen Rechtsgrundsatz gemacht. Er sagt:48 talis consuetudo bonorum ad cur-
tim in Meer, quod semper proximior heres manuati debet manuari et hoc de
scitu et consensu aliorum manuatorum in eisdem bonis, quam consuetudinem
possessores et latones dicte curtis tenent pro jure. Damit kam er jedoch oft
mit der ursprünglicheren Bestimmung in Widerspruch, wonach neue Behan*
digungen nur mit Zustimmung der noch lebenden Behändigten vorzunehmen
seien. Dieser Grundsatz wird zugunsten der Erben der Behändigten außer
Kraft gesetzt. Es heißt darüber:49 in curte de Meer . . . per latones . . . sen-
tentiatum est, quod heres proximior manuati mortui deberet manuari, quam-
vis nollent manuati consentire. Et sic invitis manuatis proximiores heredes
debent manuari.
Die Widersprüche in den beiden Bestimmungen sind ganz auffallend.
Einige Zeilen vorher hatte es ausdrücklich geheißen, die Erben der versterbe*
nen Behändigten sollten nur de scitu et consensu aliorum manuatorum die Ben
handigung erhalten. Und hier: Et sic invitis manuatis proximiores heredes
debent manuari.
Mit Absicht wurde hier etwas ausführlicher die Entwicklung der Anordn
nungen für die Nachfolge bei den Leibgewinngütern angegeben. Es ist ganz
deutlich, daß die Rechte der Behändigten, deren Bestreben es ist, ihre Erben
weitgehend berücksichtigt zu sehen, mehr und mehr zunehmen. In einzelnen
Fällen wehren sich aber die anderen Behändigten gegen ihre Zurücksetzung.
Sie behalten sich dann selbst freie Verfügung für ihre Hand vor50, wodurch
jedoch wieder das Vorschlags* und Zustimmungsrecht der Mitbehandigten aus*
geschaltet wird.
Wohin aber der Propst mit seiner Nachgiebigkeit kam — nur bei
Propsteigütern finden wir dieses weitgehende Entgegenkommen an die Laten,
was wohl damit zusammenhängt, daß der Propst wegen seiner vielfachen
anderen Aufgaben nicht in der Lage war, seinen Gütern die rechte Sorgfalt
zuzuwenden —, zeigen verschiedene Entfremdungen, von denen eine ge*
nannt sei.51 Der letzte Behändigte an einem Gut war gestorben und dieses
jure hereditario an dessen Sohn gekommen. Dieser verkauft nun das Land;
ohne daß er selbst oder der Käufer um Erlaubnis und neue Behändigung
eingekommen wäre. Sie werden zur Rede gestellt und erklären einfach, bei
den Gütern handele es sich um Eigengüter und nicht um Leibgewinngüter.
Damit gibt der Propst sich anscheinend zufrieden. Von weiteren Schritten,
die er unternommen habe, wird nichts berichtet.
An den Leibgewinngütern müssen immer alle Hände besetzt sein, schon
allein deswegen, weil jede neue Behändigung eine nicht geringe Gebühr ein*
bringt. Daher die Festsetzung, daß für jede ausfallende Hand eine neue Be*
handigung vorzunehmen ist.52 Sind drei Behändigte da, dann können
einer oder zwei zurücktreten, vor allem dann, wenn sie die Vorderhand
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Was geschah aber nun, wenn diese keinen Wert darauf legten, auf die
neuen Behändigungen einen Einfluß auszuüben? Hierfür bestimmt das Xan«
tener Kapitel so:47 In diesem Falle sollten die freigewordenen Hände an das
Xantener Kapitel fallen und nicht an die Erben der verstorbenen Behändigten.
Allerdings sollten diese die freigewordenen Hände erwerben können, nur
sollte der Eindruck eines Erbrechtes vermieden werden. Es lag anscheinend
dem Stift sogar daran, diese Nachkommen in die Hände ihrer verstorbenen
Angehörigen eintreten zu lassen; denn das Freiwerden der betreffenden
Hände sollte in allen Pfarrkirchen verkündet werden, um so den Erben der
verstorbenen Behändigten Gelegenheit zu geben, beim Xantener Kapitel um
die Behändigung einzukommen. Wenn mehrere Erben sich melden würden,
dann sollte der Nächstverwandte die Behändigung erhalten.
Der Propst von Xanten hatte für seine Güter aus dieser Gewohnheit schon
einen Rechtsgrundsatz gemacht. Er sagt:48 talis consuetudo bonorum ad cur-
tim in Meer, quod semper proximior heres manuati debet manuari et hoc de
scitu et consensu aliorum manuatorum in eisdem bonis, quam consuetudinem
possessores et latones dicte curtis tenent pro jure. Damit kam er jedoch oft
mit der ursprünglicheren Bestimmung in Widerspruch, wonach neue Behan*
digungen nur mit Zustimmung der noch lebenden Behändigten vorzunehmen
seien. Dieser Grundsatz wird zugunsten der Erben der Behändigten außer
Kraft gesetzt. Es heißt darüber:49 in curte de Meer . . . per latones . . . sen-
tentiatum est, quod heres proximior manuati mortui deberet manuari, quam-
vis nollent manuati consentire. Et sic invitis manuatis proximiores heredes
debent manuari.
Die Widersprüche in den beiden Bestimmungen sind ganz auffallend.
Einige Zeilen vorher hatte es ausdrücklich geheißen, die Erben der versterbe*
nen Behändigten sollten nur de scitu et consensu aliorum manuatorum die Ben
handigung erhalten. Und hier: Et sic invitis manuatis proximiores heredes
debent manuari.
Mit Absicht wurde hier etwas ausführlicher die Entwicklung der Anordn
nungen für die Nachfolge bei den Leibgewinngütern angegeben. Es ist ganz
deutlich, daß die Rechte der Behändigten, deren Bestreben es ist, ihre Erben
weitgehend berücksichtigt zu sehen, mehr und mehr zunehmen. In einzelnen
Fällen wehren sich aber die anderen Behändigten gegen ihre Zurücksetzung.
Sie behalten sich dann selbst freie Verfügung für ihre Hand vor50, wodurch
jedoch wieder das Vorschlags* und Zustimmungsrecht der Mitbehandigten aus*
geschaltet wird.
Wohin aber der Propst mit seiner Nachgiebigkeit kam — nur bei
Propsteigütern finden wir dieses weitgehende Entgegenkommen an die Laten,
was wohl damit zusammenhängt, daß der Propst wegen seiner vielfachen
anderen Aufgaben nicht in der Lage war, seinen Gütern die rechte Sorgfalt
zuzuwenden —, zeigen verschiedene Entfremdungen, von denen eine ge*
nannt sei.51 Der letzte Behändigte an einem Gut war gestorben und dieses
jure hereditario an dessen Sohn gekommen. Dieser verkauft nun das Land;
ohne daß er selbst oder der Käufer um Erlaubnis und neue Behändigung
eingekommen wäre. Sie werden zur Rede gestellt und erklären einfach, bei
den Gütern handele es sich um Eigengüter und nicht um Leibgewinngüter.
Damit gibt der Propst sich anscheinend zufrieden. Von weiteren Schritten,
die er unternommen habe, wird nichts berichtet.
An den Leibgewinngütern müssen immer alle Hände besetzt sein, schon
allein deswegen, weil jede neue Behändigung eine nicht geringe Gebühr ein*
bringt. Daher die Festsetzung, daß für jede ausfallende Hand eine neue Be*
handigung vorzunehmen ist.52 Sind drei Behändigte da, dann können
einer oder zwei zurücktreten, vor allem dann, wenn sie die Vorderhand
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