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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 39.1879

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Karl Gleyre
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III. Reisen im Oriente
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IV. Eintritt in die Praxis
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https://doi.org/10.11588/diglit.43130#0018
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mal schlechtem Zustande angekommen als der verlorene Sohn und ihr erzeigt mir wirklich viel Güte,
dass ihr euch so liebevoll meiner annehmt. Nehmt euch in Acht, ihr bekommt einen Menschen in eure
Arme, der moralisch und physisch heruntergekommen ist. »
In diesem elenden Zustande langte Gleyre in Lyon an. Sein Gepäck war sehr leicht, indem er
nur noch einen ganz geringen Theil seiner Entwürfe, Studien und Zeichnungen besass. Erst von Paris
aus reklamirte er von der amerikanischen Regierung seine im Orient gemachten Arbeiten und erhielt
sie auch, um sie kopiren zu können. Es waren etwa 200 Blätter, meistens Aquarellen und Bleistift-
zeichnungen.
I V. Eintritt in die IHaxis.
Gleyre blieb etwa drei Monate in Lyon, während welcher Zeit sich seine Ophtalmie wesentlich besserte.
Anfangs 1838 war er wieder in Paris. Er bezog in der Rue de l’Universite ein sehr bescheidenes Atelier,
hatte aber die Absicht, nur so lange in Europa zu bleiben, als nöthig wäre, um sich zu einer neuen Reise
in den Orient einiges Geld zu verdienen. In Paris mangelte ihm fast Alles, Luft, Raum, Sonne, die Abwechs-
lung des Nomadenlebens etc. Er hatte Heimweh nach dem Oriente und wollte um jeden Preis wieder
hin. Seine Freunde Cornu’s gaben sich alle Mühe, ihn zurückzuhalten und ihn zu bewegen, wenigstens
einige Anstrengungen zu machen, um sich eine geregelte Existenz zu verschaffen. Nach und nach brachte
ihn auch sein klarer Verstand auf eine solide Bahn. Das Malen war ihm zwar eine Anstrengung; es
war ihm keine Freude, wie Gericault «in der Farbe zu schwimmen ». War er nicht zum Malen gezwungen,
so hielt er damit inne und fing an zu sinnen, zu komponiren oder zu zeichnen.
In Paris hatte er Paul Delaroche wieder aufgefunden, der viel auf ihm hielt und sich geneigt zeigte,
ihm nach Kräften zu helfen. Sein Salon war von der hervorragendsten Gesellschaft besucht. Delaroche
bewog Gleyre, seine Arbeiten aus dem Oriente daselbst vorzuweisen. Sie fanden lebhafte Bewunderung;
allein trotz der guten Absicht des Protektors wollten die Bestellungen nicht kommen und Gleyre besass
einen Stolz, der die Sache auch nicht förderte, wie folgender Fall zeigt. Nanteuil brachte einst, als Gleyre
sehr in der Klemme war, einen Kunstliebhaber in sein Atelier, der ihm für seine Kauber, die er in Rom
gemalt hatte, Fr. 1500 bot. Er wollte aber nichts davon hören, denn er hielt dieses Bild seiner nicht
würdig und wollte nicht, dass es dem Publikum bekannt werde. Das Glück wollte nun einmal nicht kommen,
freilich ging er ihm auch nicht entgegen.
Die erste grössere Arbeit, die er in Paris ausführte, stellte einen reich gekleideten Nubier vor,
der hoch zu Pferde an einem Brunnen Halt macht. Eine junge Aegyptierin reicht ihm mit der Rechten
einen Krug voll Wasser, während sie sich mit der Linken mit ihrem Hemde Kühlung zufächelt. Eine
ihrer Gefährtinnen liegt nackt, nur mit einem Haarschmucke ausstaffirt, am Boden und schaut den Reiter
neugierig an, während andere sich am Thore eines Gemäuers im Schatten ausruhen. Er nannte dieses
gut ausgeführte Bild ironisch die aegyptisehe Schamhaftigkeit. Es erinnert dasselbe an Horacc
Vernet, zeigt aber weniger Zartsinn als dessen «Smala» u. A.
Eine grosse Skizze aus der gleichen Zeit führt uns wo möglich noch mehr irre. Es ist dieses
die Ankunft der Königin von Saba. Die Komposition ist mehr bizarr als schön, eine eigentliche
Ausschweifung der Phantasie, in welcher der Künstler auf Farbe und Effekt hingearbeitet hat. Es mahnt
viel an Turner und Delacroix. Dasselbe gilt auch von den Frauen eines Harems.
In einem vierten Bilde, von etwas kleinern Dimensionen, zeigt sich ein bedeutender Fortschritt.
Pin arabischer Heiter wird von zwei türkischen verfolgt. Dieses Bild soll in Hinsicht auf
malerischen Effekt das beste sein, das Gleyre geliefert hat. Er zeigte es immer gerne und wenn man ihm
 
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