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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 42.1882

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Ludwig Vogel, Kunstmaler von Zürich (Fortsetzung und Schluss)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43133#0051
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«In meiner Stube hängt ein Bild von Freudweiler dem altern, welches meine selige, gute Mutter
darstellt, wie sie sitzend mich, auf einem Kissen liegend, in meinem ersten Lebensjahre auf dem Schooss
hält und vergnügt auf mich herabschaut, während ich lächelnd zu ihr aufschaue. So oft ich dieses liebe
Bild ansehe, erfüllt mich inniger Dank zu Gott, wie freundlich und gütig Er mich von damals bis zur
jetzigen Stunde durch’s Leben geleitet hat — denn gottlob bin ich stets noch gesund und freue mich,
so lange es der gütigen Vorsehung gefällt.»
Noch einige Jahre der Frische und Arbeitsfähigkeit waren ihm beschieden; noch in seinem 85. Jahre
wohnte er mehrere Stunden lang einer Bürger Versammlung bei, die in der kalten Kirche abgehalten
wurde54). Dann aber schwanden die Kräfte. Im Herbst 1876 besuchte er zum letzten Mal das Gesell-
schaftsstübchen im Ktinstlergütli, und die zwei letzten Jahre kam er nicht mehr in sein Atelier und hat
er sein Zimmer nicht mehr verlassen. — Ohne Krankheit erlosch sein Leben sanft den 20. August 1879,
nachdem er mit einundneunzig Jahren beinahe das äusserste, dem Menschen gesetzte Ziel erreicht hatte.
An seinem Todestage waren die Familien seiner drei Kinder anwesend, so dass er aus dem vollen Kreise
seiner Lieben abgeschieden ist.
Einen ehrenden Nachruf brachte die «Allgemeine Augsburger-Zeitung» schon den 31. August 1879
aus der Feder des Dr. W. Holland, welcher Vogel schon seit Jahren eine besondere Verehrung entgegen-
gebracht hatte. Die Familie aber, welche Vogels sämmtliche Studien und seine übrigen künstlerischen
Sammlungen zur Stunde in seinem Atelier unzertheilt aufbewahrt und den Kunstfreunden zugänglich
hält, veranstaltete im Oktober d. J. eine Ausstellung seiner Bilder, auf der nicht weniger als 50 seiner
Kompositionen, die meisten in Oeb vereinigt waren55). Der Eindruck dieser ernsten und reichen, durch-
aus dem Vaterland gewidmeten Lebensarbeit war ein grossartiger und erhebender.
 
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