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Die Geschichtsmalerei eignet sich vornehmlich für monumentalen Schmuck. Sie wird darum von
öffentlichen Organen mehr bevorzugt werden als vom grossen Publicum. Letzteres hält sich, gegen-
wärtig ganz besonders, mit Vorliebe zum gemeinverständlichen Genre und zur Landschaft. Die von
Bosshardt gewählte vaterländische Historie befasste sich mit einer kleinen Volksgenossenschaft und be-
rührte darum von vornherein das Interesse bloss eines engern Bezirks. Zudem gewann im Heimat-
lande die regere Antheilnahme an den Kunstbestrebungen langsam und vereinzelt Wurzel. Dabei ent-
zog sie sich ebenso wenig den Geschmacksströmungen der Zeit und des Tages. Wohl schien es eine
Zeit lang, dass der Staat durch unmittelbares Eingreifen sich der Pflege der bildenden Künste energisch
annehmen werde. Der schweizerische Bundesrath hatte die Frage einer äussern und innern Aus-
schmückung des Bundesrathhauses zu Bern zur Hand genommen Der Bundespalast und dessen Räume
wären gewissermassen als schweizerische Kunst- und Ruhmeshallen ausgestaltet worden. Man schlug
u. A. vor, an den Wänden der Treppenhäuser schweizerische Genrebilder (Volksspiele) und Landschaften,
sowie geschichtliche Darstellungen anzubringen, in den Rathssäälen aber grosse Historienbilder (Grütli-
schwur, Tod Carls des Kühnen). Der rührige Bundesrath J. Dubs nahm sich mit Eifer der Sache an,
ebenso als Mitglied des schweizerischen Nationalrathes der ideal angelegte H. Grunholzer, früherer
Seminardirector im Canton Bern, mit C. Bosshardt befreundet 37). Die Anhänger des letzteren
schöpften für ihn Hoffnungen, wozu in den Augen aller Unbefangenen Grund vorhanden war. Sein
schönster Traum wäre hier erfüllt worden. Als der Gang allmälich wenig Tröstliches zu weissagen
schien, nahm Bosshardt die Dinge nur zu tragisch. So, wenn ihm eine dunkle Stunde das Wort ent-
lockt: Es sei damit constatirt, dass die Geschichtsmalerei in der Schweiz keine Lebensfähigkeit habe,
und dass es für ihn eine Thorheit wäre, gegen die Natur zu streiten. «Es hat mich dies mehrere
Wochen tief verstimmt Sollten mir in Zukunft unter ähnlichen Verhältnissen wieder grössere
Bilder angetragen werden, wie ich sie, nur in der trügerischen Hoffnung, es werde endlich vom Staat
etwas geschehen, angenommen habe, werde ich antworten: «Mache sie, wer Lust hat, ich habe es satt».
Gewiss war dies nicht sein Ernst. Und wenn er auch fortfährt: «Ich habe redlich mein Theil versucht,
es gibt viele schwere Berufsarten im Leben, aber unter den undankbaren ist diejenige eines schweize-
rischen Geschichtsmalers unübertroffen», so bricht sein besserer Humor doch schon in der Unterschrift
durch: « C. Bosshardt, ehemaliger Historienmaler, nun heruntergekommener Romantiker». Im Verlauf
wird er vollends ruhiger. «Fürchtet man sich zu sehr vor Fresken, so gibt es andere Arten, z. B.
wo das Bindemittel auf die trockene Mauer Wachs ist, oder wo Wasserglas, angespritzt, bindet mit
der Mauer». «Aber», sagt er, « ich will nicht Hofmaler werden, möchte nicht allein mitthun, ich kenne
die Schweiz zu gut; ein solcher würde von allen Seiten angefeindet werden». Es kam nicht dazu.
Bosshardt gab sich damit zufrieden, dass in Bern wegen des (preussisch-österreichischen) Krieges die
Frage bei Seite gelegt wurde. Er sagt: «In einer solchen Zeit zeugt es von lebensfähigem und guten
Geist, die Wehrkraft, das Mittel zur Erhaltung aller Errungenschaften in erster Linie zu fördern ».
Im Grunde durfte dieser Ausgang nicht befremden: In der Schweiz muss stets mit den jeweiligen
Factoren gerechnet werden. Die kaum seit zwei Decennien neugestaltete Eidgenossenschaft war noch
nicht soweit abgeklärt und finanziell gesichert, um selbst den schönen Künsten schon eine unangefoch-
tene und fruchtbare Stätte bereiten zu können.
Damals war die Kunstprofessur an der Berner Hochschule durch den Tod Volmars erledigt.
Bosshardts dortige Freunde zogen bei ihm Erkundigungen ein, ob er für die Stelle zu gewinnen wäre.
Die Geschichtsmalerei eignet sich vornehmlich für monumentalen Schmuck. Sie wird darum von
öffentlichen Organen mehr bevorzugt werden als vom grossen Publicum. Letzteres hält sich, gegen-
wärtig ganz besonders, mit Vorliebe zum gemeinverständlichen Genre und zur Landschaft. Die von
Bosshardt gewählte vaterländische Historie befasste sich mit einer kleinen Volksgenossenschaft und be-
rührte darum von vornherein das Interesse bloss eines engern Bezirks. Zudem gewann im Heimat-
lande die regere Antheilnahme an den Kunstbestrebungen langsam und vereinzelt Wurzel. Dabei ent-
zog sie sich ebenso wenig den Geschmacksströmungen der Zeit und des Tages. Wohl schien es eine
Zeit lang, dass der Staat durch unmittelbares Eingreifen sich der Pflege der bildenden Künste energisch
annehmen werde. Der schweizerische Bundesrath hatte die Frage einer äussern und innern Aus-
schmückung des Bundesrathhauses zu Bern zur Hand genommen Der Bundespalast und dessen Räume
wären gewissermassen als schweizerische Kunst- und Ruhmeshallen ausgestaltet worden. Man schlug
u. A. vor, an den Wänden der Treppenhäuser schweizerische Genrebilder (Volksspiele) und Landschaften,
sowie geschichtliche Darstellungen anzubringen, in den Rathssäälen aber grosse Historienbilder (Grütli-
schwur, Tod Carls des Kühnen). Der rührige Bundesrath J. Dubs nahm sich mit Eifer der Sache an,
ebenso als Mitglied des schweizerischen Nationalrathes der ideal angelegte H. Grunholzer, früherer
Seminardirector im Canton Bern, mit C. Bosshardt befreundet 37). Die Anhänger des letzteren
schöpften für ihn Hoffnungen, wozu in den Augen aller Unbefangenen Grund vorhanden war. Sein
schönster Traum wäre hier erfüllt worden. Als der Gang allmälich wenig Tröstliches zu weissagen
schien, nahm Bosshardt die Dinge nur zu tragisch. So, wenn ihm eine dunkle Stunde das Wort ent-
lockt: Es sei damit constatirt, dass die Geschichtsmalerei in der Schweiz keine Lebensfähigkeit habe,
und dass es für ihn eine Thorheit wäre, gegen die Natur zu streiten. «Es hat mich dies mehrere
Wochen tief verstimmt Sollten mir in Zukunft unter ähnlichen Verhältnissen wieder grössere
Bilder angetragen werden, wie ich sie, nur in der trügerischen Hoffnung, es werde endlich vom Staat
etwas geschehen, angenommen habe, werde ich antworten: «Mache sie, wer Lust hat, ich habe es satt».
Gewiss war dies nicht sein Ernst. Und wenn er auch fortfährt: «Ich habe redlich mein Theil versucht,
es gibt viele schwere Berufsarten im Leben, aber unter den undankbaren ist diejenige eines schweize-
rischen Geschichtsmalers unübertroffen», so bricht sein besserer Humor doch schon in der Unterschrift
durch: « C. Bosshardt, ehemaliger Historienmaler, nun heruntergekommener Romantiker». Im Verlauf
wird er vollends ruhiger. «Fürchtet man sich zu sehr vor Fresken, so gibt es andere Arten, z. B.
wo das Bindemittel auf die trockene Mauer Wachs ist, oder wo Wasserglas, angespritzt, bindet mit
der Mauer». «Aber», sagt er, « ich will nicht Hofmaler werden, möchte nicht allein mitthun, ich kenne
die Schweiz zu gut; ein solcher würde von allen Seiten angefeindet werden». Es kam nicht dazu.
Bosshardt gab sich damit zufrieden, dass in Bern wegen des (preussisch-österreichischen) Krieges die
Frage bei Seite gelegt wurde. Er sagt: «In einer solchen Zeit zeugt es von lebensfähigem und guten
Geist, die Wehrkraft, das Mittel zur Erhaltung aller Errungenschaften in erster Linie zu fördern ».
Im Grunde durfte dieser Ausgang nicht befremden: In der Schweiz muss stets mit den jeweiligen
Factoren gerechnet werden. Die kaum seit zwei Decennien neugestaltete Eidgenossenschaft war noch
nicht soweit abgeklärt und finanziell gesichert, um selbst den schönen Künsten schon eine unangefoch-
tene und fruchtbare Stätte bereiten zu können.
Damals war die Kunstprofessur an der Berner Hochschule durch den Tod Volmars erledigt.
Bosshardts dortige Freunde zogen bei ihm Erkundigungen ein, ob er für die Stelle zu gewinnen wäre.