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Neukam, Gabriele
Die Feinde des Göttlichen: Dämonenheilzeremonien in Sri Lanka — [ca. 1990]

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https://doi.org/10.11588/diglit.8393#0079
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Interpretationen 69

Widerspruch möglich werden kann und wie die Dämonen unbefugt in
ihnen nicht zustehende Bereiche gelangen oder zumindest zu
gelangen scheinen, erklärt die Illusionstheorie.

Frauen nehmen innerhalb des Kosmos einen Platz ein, der sich von
dem der Männer unterscheidet; und das dient als Erklärung dafür,
daß sie allem Anschein nach häufiger besessen werden als die
Männer. Kapferer befaßt sich in einem ganzen Kapitel seiner Mono-
grafie, dem fünften, damit und nennt vier Gründe, die zum einen
auf Erfahrungen im Alltagsleben, zum anderen auf Vorstellungen
über die Kosmologie basieren, um das Phänomen aus singhalesi-
scher' Sicht zu erklären (1983:100ff):

1. Sie haben alltäglich mit Unreinem zu tun, sie kochen, putzen
kleine Kinder, die noch nicht zur Sauberkeit erzogen sind,
menstruieren, gebären und nehmen an Todes- und Pubertätsriten
direkter teil als Männer.

2. Sie müssen sich für die ihnen anvertrauten Menschen, Familien-
mitglieder und Verwandte, emotional engagieren; dadurch können
sie sich nicht von ihren Gefühlen freimachen, wie es das buddhi-
stische Ideal für die Überwindung der Bindung an die weltlichen
Dinge empfiehlt. So sind sie, im Vergleich zu Männern, besonders
in Gefahr, seelisch aus dem Gleichgewicht zu geraten; Unbe-
herrschtheit und Gefuhlsausbrüche locken aber Dämonen an.

3. Frauen sind ganz allgemein stärker gefährdet, denn sie stehen
in Bezug auf Reinheit, Ordnung und Umgang mit Teilen des
Natürlichen im Gegensatz zur Kultur innerhalb der kosmischen
Hierarchie weiter entfernt von der göttlichen Ebene und näher an
der dämonischen, als die Männer.

4. Frauen stehen damit zwar tiefer in der Hierarchie, sind aber
gleichzeitig die Vermittlerinnen, einmal der Beziehungen der
Menschen untereinander, dann von Natur und Kultur, und schließ-
lich auch zwischen dem Menschenbereich und dem Dämonenbereich;
sie werden zum Symbol der vielen um sie herum bestehenden und
über sie verlaufenden Beziehungen, die harmonisch oder gestört
sind, und gliedern sie in ihr eigenes Dasein und Handeln ein:
"Sinhalese women are vital Symbols at once responsive to, and
concentrating in their being, the forces and processes ordering
 
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