im Karlsteiner Treppenhause, für die Art der Wölbungsbemalung udgl.,1) in Avignon Analogien erweisbar sind. Berühren
sich aber Gedanken der Anlage und der Ausstattung so innig, dann unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass eine solche
Wechselbeziehung beider Bauten nur in der Anlehnung Karlsteins an die früher begonnene Papstburg in Avignon ihre
natürliche Erklärung finden müsse.
Dieses Abhängigkeitsverhältnis kann bei der Lebhaftigkeit des Verkehres, den Karl IV. mit dem päpstlichen Hofe
in Avignon so lange Zeit unterhielt, nichts weniger als befremden; ist es doch zur Genüge bekannt, dass Karls Besuche
in Avignon nicht ohne Bedeutung für Böhmens Kunstleben waren. Denn nur wenige Jahre vor dem Beginne des Karl-
steiner Baues hatte der junge Fürst von Avignon den Meister Matthias von Arras zur Führung des 1344 in Angriff
genommenen Prager Dombaues berufen, dessen Anlagetypus die Abhängigkeit von den in Frankreich üblichen Formen
der Kirchenbauten im großen Stile unbestreitbar sicherstellt.2) Im Zusammenhänge mit der Thatsache, dass der Prager
Bischof Johann IV. von Drazitz 3) schon 1333 für den Baubeginn der Raudnitzer Elbebrücke den Meister Wilhelm
aus Avignon kommen ließ und von dorther auch Bilderhandschriften nach Böhmen brachte, gewinnt die Berufung des
Dombaumeisters Matthias von Arras, welcher die in Frankreich herrschenden Baugedanken auf böhmischem Boden einzu-
bürgern bestrebt war, in der Frage des für Karlstein maßgebenden Musterbaues erhöhte Bedeutung. Verknüpfen nämlich
gerade in jener Epoche, in welche die Inangriffnahme des Karlsteiner Baues fällt, Fäden so mannigfacher Art das
Kunstleben Böhmens mit dem damals durch überaus rege Kunstthätigkeit hervorragenden Avignon, so können die
mannigfachen Wechselbeziehungen zwischen Karlstein und der Papstburg in Avignon allein darin begründet sein, dass
letztere für ersteres in gewissem Sinne zum Vorbilde und in Einzelheiten nachgeahmt wurde.
Für die hohe Wahrscheinlichkeit des thatsächlichen Bestandes der eben erörterten Abhängigkeit, welche bei
einem eigenartigen, im ganzen Böhmerlande Aufsehen erregenden Burgenbaue das Einsetzen französischer Ideen auf dem
Gebiete tonangebender Profanbauten darthäte, sprechen noch andere Erwägungen. Karl IV. hatte nämlich bereits in
früherer Zeit, da es sich um die Instandsetzung eines für die Könige Böhmens nicht minder wichtigen Baues handelte,
auf französische Muster, und zwar solche ganz hervorragender Art, zurückgegriften. Als er nach Antritt der Statthalter-
schaft in Böhmen die infolge einer Feuersbrunst verfallene Hradschiner Residenz seit 1333 wieder herzustellen begann,
erstand ein bis dahin im Lande noch niemals gesehener Bau »ad instar domus regis Francie,« 4) der auch den König
Johann 1335 anregte, sowohl auf der Prager Burg als auch im Königshofe der Altstadt sehr viel »modo gallico« zu
bauen.5) Karl nahm sich also für die Restaurierung der Hradschiner Burg die Residenz der französischen Könige zum
Muster, was bei dem am französischen Hofe erzogenen Prinzen ebenso wenig befremden kann als die Thatsache, dass
gerade dadurch der Verbreitung französischer Baugedanken in der Profanbaukunst Böhmens von maßgebendster Stelle
nachdrücklichst Vorschub geleistet wurde. Hatte dem Erbauer Karlsteins, der gewiss auch der Wahl eines französischen
Anlagetypus beim Prager Dombaue nicht ferne stand, bei der würdigen Wiederherstellung der Hradschiner Residenz
jene des französischen Königs als nachahmenswertes Vorbild vorgeschwebt, so konnte ihm wohl von selbst der Gedanke
kommen, in ähnlicher Weise bei einem für die Herrscher Böhmens bedeutsamen Baue, der den fürstlichen Repräsenta-
tionsbau mit bestimmten kirchlichen Zwecken auf eine in Böhmen bisher nicht beobachtete Art vereinigen sollte, auf das
gerade damals in Frankreich für solche Anlagen bestimmende Muster zurückzugreifen. Der Fürst, welcher schon im
Hradschiner Restaurationsbaue etwas bis dahin im Lande nicht Gesehenes zu bieten bestrebt war, stellte gewiss an das
besonders zur Sicherung seines Andenkens bestimmte Werk die nach den Verhältnissen jener Tage höchsten Anfor-
derungen ; wie dort die Residenz des französischen -Königs, so konnte ihm hier nur jene des Papstes zu Avignon als das
einzig nachahmenswerte Vorbild erscheinen, das in noch viel großartigerem Maßstabe alles in sich vereinte, was
Karlstein werden, was Karlstein bieten sollte. Einmal der Wohnsitz eines mächtigen weltlichen Herrschers, das anderemal
jener des Oberhauptes der Christenheit, beide aber mit Grundlage gleichartiger Kunstanschauungen errichtet, beide wohl
als künstlerisch überaus hochstehende Leistungen der Gothik in Frankreich bewundert, stellen sich somit in Karls IV.
Bestreben, das Beste zu schaffen, als die von demselben Gedanken bestimmten Muster dar. Ergibt es sich gewisser-
maßen als eine nothwendige Consequenz eines von Karl schon 1333 bethätigten Grundsatzes, dass er für einen Bau,
dessen Bestimmung sich so vielfach mit jener der Papstburg zu Avignon berührte und deckte, nur letztere zum Vorbilde
wählen konnte und durfte, dann muss man auch für Karlstein als ein Bauwerk, das hinsichtlich der Anlage, Ausstattung
und Bestimmung die mannigfachsten Übereinstimmungen mit der Papstburg in Avignon zeigt, die letztere als tonangebendes
Muster betrachten.
Entsprechen vorstehende Darlegungen den für Karl IV. bei der Erbauung Karlsteins maßgebenden Gesichts-
punkten und Absichten, dann steht es wohl außer Zweifel, dass man in der Papstburg zu Avignon das für Karlstein
bestimmende Vorbild erblicken darf. Die Annahme eines französischen Musters kann auch die Bestimmung des bau-
-1) Neuwirt h, Geschichte der bildenden Kunst in Böhmen vom Tode Wenzels III. bis zu den Husitenkriegen. I. Bd. (Prag 1893) 555 u-
55^« — 2) Ebendas. S. 417 u. f. — 3) Ebendas- S- 63 u. 64. — Chronicon Francisci Pragensis, Fontes rerum Bohemicarum, IV. S. 413. Et
in brevi tempore domum regiam construxit numquam prius in hoc regno talem visam ad instar domus regis Francie. — S. 414. Et in brevi domum
regiam construxit admirabilem nunquam prius in hoc regno talem visam ad instar domus regis Francie. — 5) Chronicon Aulae Regiae, Font. rer.
Boh. IV. S. 331. Eodem tempore Johannes rex Boemie tarn in Castro Pragensi quam in maiori civitate in domo habitacionis sue mandavit plurimum
edificari et eciam modo Gallico laborari.
4
sich aber Gedanken der Anlage und der Ausstattung so innig, dann unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass eine solche
Wechselbeziehung beider Bauten nur in der Anlehnung Karlsteins an die früher begonnene Papstburg in Avignon ihre
natürliche Erklärung finden müsse.
Dieses Abhängigkeitsverhältnis kann bei der Lebhaftigkeit des Verkehres, den Karl IV. mit dem päpstlichen Hofe
in Avignon so lange Zeit unterhielt, nichts weniger als befremden; ist es doch zur Genüge bekannt, dass Karls Besuche
in Avignon nicht ohne Bedeutung für Böhmens Kunstleben waren. Denn nur wenige Jahre vor dem Beginne des Karl-
steiner Baues hatte der junge Fürst von Avignon den Meister Matthias von Arras zur Führung des 1344 in Angriff
genommenen Prager Dombaues berufen, dessen Anlagetypus die Abhängigkeit von den in Frankreich üblichen Formen
der Kirchenbauten im großen Stile unbestreitbar sicherstellt.2) Im Zusammenhänge mit der Thatsache, dass der Prager
Bischof Johann IV. von Drazitz 3) schon 1333 für den Baubeginn der Raudnitzer Elbebrücke den Meister Wilhelm
aus Avignon kommen ließ und von dorther auch Bilderhandschriften nach Böhmen brachte, gewinnt die Berufung des
Dombaumeisters Matthias von Arras, welcher die in Frankreich herrschenden Baugedanken auf böhmischem Boden einzu-
bürgern bestrebt war, in der Frage des für Karlstein maßgebenden Musterbaues erhöhte Bedeutung. Verknüpfen nämlich
gerade in jener Epoche, in welche die Inangriffnahme des Karlsteiner Baues fällt, Fäden so mannigfacher Art das
Kunstleben Böhmens mit dem damals durch überaus rege Kunstthätigkeit hervorragenden Avignon, so können die
mannigfachen Wechselbeziehungen zwischen Karlstein und der Papstburg in Avignon allein darin begründet sein, dass
letztere für ersteres in gewissem Sinne zum Vorbilde und in Einzelheiten nachgeahmt wurde.
Für die hohe Wahrscheinlichkeit des thatsächlichen Bestandes der eben erörterten Abhängigkeit, welche bei
einem eigenartigen, im ganzen Böhmerlande Aufsehen erregenden Burgenbaue das Einsetzen französischer Ideen auf dem
Gebiete tonangebender Profanbauten darthäte, sprechen noch andere Erwägungen. Karl IV. hatte nämlich bereits in
früherer Zeit, da es sich um die Instandsetzung eines für die Könige Böhmens nicht minder wichtigen Baues handelte,
auf französische Muster, und zwar solche ganz hervorragender Art, zurückgegriften. Als er nach Antritt der Statthalter-
schaft in Böhmen die infolge einer Feuersbrunst verfallene Hradschiner Residenz seit 1333 wieder herzustellen begann,
erstand ein bis dahin im Lande noch niemals gesehener Bau »ad instar domus regis Francie,« 4) der auch den König
Johann 1335 anregte, sowohl auf der Prager Burg als auch im Königshofe der Altstadt sehr viel »modo gallico« zu
bauen.5) Karl nahm sich also für die Restaurierung der Hradschiner Burg die Residenz der französischen Könige zum
Muster, was bei dem am französischen Hofe erzogenen Prinzen ebenso wenig befremden kann als die Thatsache, dass
gerade dadurch der Verbreitung französischer Baugedanken in der Profanbaukunst Böhmens von maßgebendster Stelle
nachdrücklichst Vorschub geleistet wurde. Hatte dem Erbauer Karlsteins, der gewiss auch der Wahl eines französischen
Anlagetypus beim Prager Dombaue nicht ferne stand, bei der würdigen Wiederherstellung der Hradschiner Residenz
jene des französischen Königs als nachahmenswertes Vorbild vorgeschwebt, so konnte ihm wohl von selbst der Gedanke
kommen, in ähnlicher Weise bei einem für die Herrscher Böhmens bedeutsamen Baue, der den fürstlichen Repräsenta-
tionsbau mit bestimmten kirchlichen Zwecken auf eine in Böhmen bisher nicht beobachtete Art vereinigen sollte, auf das
gerade damals in Frankreich für solche Anlagen bestimmende Muster zurückzugreifen. Der Fürst, welcher schon im
Hradschiner Restaurationsbaue etwas bis dahin im Lande nicht Gesehenes zu bieten bestrebt war, stellte gewiss an das
besonders zur Sicherung seines Andenkens bestimmte Werk die nach den Verhältnissen jener Tage höchsten Anfor-
derungen ; wie dort die Residenz des französischen -Königs, so konnte ihm hier nur jene des Papstes zu Avignon als das
einzig nachahmenswerte Vorbild erscheinen, das in noch viel großartigerem Maßstabe alles in sich vereinte, was
Karlstein werden, was Karlstein bieten sollte. Einmal der Wohnsitz eines mächtigen weltlichen Herrschers, das anderemal
jener des Oberhauptes der Christenheit, beide aber mit Grundlage gleichartiger Kunstanschauungen errichtet, beide wohl
als künstlerisch überaus hochstehende Leistungen der Gothik in Frankreich bewundert, stellen sich somit in Karls IV.
Bestreben, das Beste zu schaffen, als die von demselben Gedanken bestimmten Muster dar. Ergibt es sich gewisser-
maßen als eine nothwendige Consequenz eines von Karl schon 1333 bethätigten Grundsatzes, dass er für einen Bau,
dessen Bestimmung sich so vielfach mit jener der Papstburg zu Avignon berührte und deckte, nur letztere zum Vorbilde
wählen konnte und durfte, dann muss man auch für Karlstein als ein Bauwerk, das hinsichtlich der Anlage, Ausstattung
und Bestimmung die mannigfachsten Übereinstimmungen mit der Papstburg in Avignon zeigt, die letztere als tonangebendes
Muster betrachten.
Entsprechen vorstehende Darlegungen den für Karl IV. bei der Erbauung Karlsteins maßgebenden Gesichts-
punkten und Absichten, dann steht es wohl außer Zweifel, dass man in der Papstburg zu Avignon das für Karlstein
bestimmende Vorbild erblicken darf. Die Annahme eines französischen Musters kann auch die Bestimmung des bau-
-1) Neuwirt h, Geschichte der bildenden Kunst in Böhmen vom Tode Wenzels III. bis zu den Husitenkriegen. I. Bd. (Prag 1893) 555 u-
55^« — 2) Ebendas. S. 417 u. f. — 3) Ebendas- S- 63 u. 64. — Chronicon Francisci Pragensis, Fontes rerum Bohemicarum, IV. S. 413. Et
in brevi tempore domum regiam construxit numquam prius in hoc regno talem visam ad instar domus regis Francie. — S. 414. Et in brevi domum
regiam construxit admirabilem nunquam prius in hoc regno talem visam ad instar domus regis Francie. — 5) Chronicon Aulae Regiae, Font. rer.
Boh. IV. S. 331. Eodem tempore Johannes rex Boemie tarn in Castro Pragensi quam in maiori civitate in domo habitacionis sue mandavit plurimum
edificari et eciam modo Gallico laborari.
4