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weiß-rothen, goldgemusterten Fähnleins, die Linke ruht auf dem goldumränderten Silberschilde, der den einköpfigen
schwarzen Adler zeigt; letzterer tritt in reliefartiger Arbeit vor.
Das Seitenstück bildet zur Linken der Madonna der heil. Palmatius, ein jugendlicher Heiliger in blauem, weißge-
füttertem Mantel, von welchem sich Hals und Arme in schimmernder Silberrüstung wirkungsvoll abheben. Den weißen
Lendner, dessen Granatäpfelmusterung in Gold, Grün und Roth steht, schmückt auf der Brust ein rothes, mit noch reiche-
rem Goldmuster durchwirktes Kreuz, in welchem an der Kreuzungsstelle des Stammes und der Arme noch ein goldenes
Schildchen mit rothem Kreuze eingesetzt ist. Ein grüner, goldverzierter Streifen, der an der linken Seite des Lendners
herabläuft, löst die feine Linie des Oberkörpers vom Mantelgrunde los. In dem reichgeschmückten Gürtel gewahrt
man rechts und links den Dolch und das Schwert, um deren Griffe die zartgliedrigen, von der Mantelagraffe über die
Brust herabfallenden Kettchen befestigt sind. Die gepanzerte Rechte legt sich um den Schaft eines weißen Fähn-
chens mit rothem Kreuze, die Linke auf die Parierstange des Schwertes, dessen großer runder Knauf wiederum die Kreuzes-
zier bietet.
Von dem gleichen Meister wie das eben beschriebene Altarwerk stammen zwei noch in Karlstein aufbewahrte
Flügel (1’3 m X °’52 eines Triptychons, welche einmal Maria mit dem Kinde, das anderemal den Schmerzensmann
bieten (Taf. II); über beiden Darstellungen (0-58 m X 0’32 tn) sind Engel und in den kleinen Nischen der Rahmen Heili-
gen- sowie musicierende Engelsgestalten angeordnet. Der zweite Flügel ist mit dem Namen des Künstlers bezeichnet
(Abb. 12) und stimmt in der Einzelausführung der beiden strebepfeilerartigen Vorsprünge, in dem die Hauptdarstellung
umschließenden Spitzbogen und in seiner Decoration, in der Behandlung der Basen, Schäfte und Capitäle beider den Spitz-
bogen tragenden Säulen, in der Umrahmung der Bogenfelder mit dem ersten so überein, dass auch der nicht signierte
Theil als zu demselben Werke zählend betrachtet werden muss wie jener mit dem Meisternamen.
Die Madonna des linken Flügels (Taf. III) erscheint in einem blauen, weißgefütterten Mantel mit braunrothem
Saume; ') derselbe ist über den durchsichtigen weißen Schleier gezogen, durch welchen wie bei der Wiener Madonna das
blonde Haar durchschimmert. Am rechten Arme wird ein braunes Unterkleid sichtbar. Maria trägt das Christuskind, um
dessen Füße ein rothes, blaugefüttertes Tuch geschlagen ist; von demselben hebt sich lebhaft das lichtgelbe Kinderkleid-
chen ab, dessen kurze Ärmel das Hemd am linken Arme sichtbar werden lassen. Das Kind sitzt auf dem linken Unter-
arme der Mutter, welche mit der ringgeschmückten Rechten das um die Füße geschlagene Tuch zusammenhält, erfasst
mit der Linken den Halssaum Marias und erfasst ihr Kinn liebkosend mit der Rechten. Die Nimben des Kindes und der
Mutter heben sich reliefartig von dem feingemusterten Goldgründe ab und wechseln untereinander wie bei dem Schmerzens-
männe in den Ziermotiven ; am Gewände und Nimbus Marias sind einige Stellen ausgesprungen. Im Bogenfelde über der
Gottesmutter erscheint das Brustbild eines blaugeflügelten Engels, der einen rothen Mantel über dem goldgemusterten,
blauen Panzer und in dem blonden Haare einen Kranz weißer Rosen trägt;s) die Rechte umfasst eine Lanze, die Linke
hält das auf Psalm LXIX, 2 Bezug nehmende Spruchband: DEUS IN | ADIUTO | RIUM MEUM | INTENDE | DOMINE |
[A]D ADIUfVANJDUM [ME FESTINJA • Die Außennischen des linken Pfeilers zeigen oben einen bärtigen Heiligen in
grauem Mantel über blauem Unterkleide, der die Rechte belehrend erhebt und in der Linken ein Buch trägt, und unter
diesem einen blonden jugendlichen Mann, der in rosafarbenem Mantel über rothem Unterkleide dargestellt ist und sich
eben anschickt, in ein von der Linken gehaltenes goldenes Buch zu schreiben. Die Innennischen dieses sowie des
gegenüber angeordneten rechten Rahmenpfeilers bieten vier musicierende Engelsgestalten, liebreizende, nimbierte Jung-
frauen, welche die Orgel,3) Laute, eine Art Tambourin und die Geige spielen. Sie tragen Gewänder, an welchen vorn
goldene, rothe und schwarze golddurchwirkte breite Streifen herablaufen, in Weiß, Blau und Rosa, vereinzelt über der
Alba, über rothem sowie blaulasiertem Unterkleide; in den blonden Haaren ist ein rother Diademreif gleichsam ein-
geflochten. Die beiden oberen Gestalten blicken zur Gottesmutter herab, die beiden unteren empor. Über dem rechten
Pfeiler steigt eine Fiale aufwärts, deren Seitennische einen bärtigen Heiligen in rother Casula umschließt; über letzterer
hängt das weiße, mit schwarzen Kreuzen besetzte Pallium herab, während unter der Casula außer einem goldgesäumtenr
blauen Unterkleide noch die Alba hervorschaut.
Das Mittel- und Hauptbild des rechten Flügels bietet in violetter Tumba den nackten Schmerzensmann, welcher
die übereinander gekreuzten Arme auf den Tumbenrand legt. Das Gesicht, welches blonde, auf beide Schultern fallende
Haare umrahmten, ist ganz zerstört; ein Theil des Nimbus, des Oberkörpers und des Tumbenrandes ist ausgesprungen.
Unterhalb des letzteren steht auf grauem Grunde in schwarzen Majuskeln die Inschrift (Abb. 12): : THOMAS DE MUTINA
FECIT : Der rothgeflügelte Engel, welcher in dem Bogenfelde über dem Schmerzensmanne angeordnet ist, trägt über
weißem, mit braunen goldgemusterten Säumen versehenem Kleide eine blaue, auf der Brust gekreuzte Stola, welche gol-
dene Granatäpfel zieren; in den blonden Haaren des etwas ausgesprungenen Kopfes liegt ein rothes Diadem. Der Zeige-
finger der Rechten ist deutend erhoben; die Linke hält das nach abwärts aufgerollte weiße Spruchband, dessen schwarze

i) Sedläcek, Karlstein a. a. O. S. 22 bietet eine für stilkritische Vergleichung vollständig unzulängliche Abbildung; desgleichen Grueber
Kunst des Mittelalters in Böhmen III. S. 114, Abb. 127, wo die Gesichtsform und der Ausdruck ganz anders als auf dem Bilde selbst sind. — 2) Sedläcek
Karlstein a. a. O. S. 22 zeigt wesentliche Abweichungen des Kopftypus. — 3) Darnach bezeichnen Grueber, Kunst des Mittelalters in Böhmen III.
S. 114, Abb. 126 und Sedläcek, Karlstein a. a. O. S. 55 die Dargestellte als die heil. Cäcilie-

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