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VIII. Die Einwirkungsformen der Kupferstiche Schongauers auf die
nordalpine Retabelplastik und plastische Bildwerke um 1500
1. Vorbemerkung
Im folgenden werden die Forschungsergebnisse zu den spezifischen
Einwirkungsformen der Kupferstiche Schongauers auf die nordalpine
Retabelplastik um 1500 im deutschsprachigen Raum (einschließlich
Österreich und Tirol) ausgeführt. Die Kupferstiche Schongauers
wurden als Ganzes sowie in partiellen Motiven kopiert und
abgewandelt. Da es sich bei den plastischen Bildwerken nach den
Kupferstichen Schongauers prinzipiell um Übertragungen von
Motiven in eine andere Kunstgattung handelte, sind vollständige
ebenso wie partielle Übernahmen von Bildmotiven als
Verarbeitungsformen der Kupferstiche aufzufassen. Streng genommen
ist von der "Kopie" eines Kupferstichs nur dann zu sprechen, wenn
es sich um eine druckgraphische Wiederholung handelt. Im
folgenden wird der Begriff jedoch beibehalten und auf die, sich
vollständig an der Bildvorlage orientierenden, plastischen
Darstellungen angewendet, weil die Bezeichnung der "Kopie" für
ihre terminologische Anwendung auf die spätmittelalterliche
Retabelkunst geeignet bleibt, da künstlerische Originalität in
der Retabelproduktion (plastische Bildwerke und Malerei) in die
umfassendere Norm der Orientierung an und der Reproduktion von
überlieferten Bildmotiven integriert blieb.
Die Auswertung des untersuchten Bestandes an plastischen
Bildwerken nach Kupferstichen Schongauers belegt die über das
einzelne Werk, das sich auf einen Stich bezog, hinausweisende
Gültigkeit spezifischer Kriterien, die für die Umsetzung
ausschlaggebend wurden. Die plastischen Umsetzungen offenbaren
ihre Bezogenheit auf ästhetische und ikonographische Aspekte der
druckgraphischen Vorbilder. Es handelte sich hierbei in der
Mehrzahl nicht um eine intellektuelle Auseinandersetzung der
Bildschnitzer mit den Stichen, wie sie für die Verwendung der
Stiche in der Werkstatt Tilman Riemenschneiders nachgewiesen
werden konnte. Dennoch wäre es verfehlt, würde man den
VIII. Die Einwirkungsformen der Kupferstiche Schongauers auf die
nordalpine Retabelplastik und plastische Bildwerke um 1500
1. Vorbemerkung
Im folgenden werden die Forschungsergebnisse zu den spezifischen
Einwirkungsformen der Kupferstiche Schongauers auf die nordalpine
Retabelplastik um 1500 im deutschsprachigen Raum (einschließlich
Österreich und Tirol) ausgeführt. Die Kupferstiche Schongauers
wurden als Ganzes sowie in partiellen Motiven kopiert und
abgewandelt. Da es sich bei den plastischen Bildwerken nach den
Kupferstichen Schongauers prinzipiell um Übertragungen von
Motiven in eine andere Kunstgattung handelte, sind vollständige
ebenso wie partielle Übernahmen von Bildmotiven als
Verarbeitungsformen der Kupferstiche aufzufassen. Streng genommen
ist von der "Kopie" eines Kupferstichs nur dann zu sprechen, wenn
es sich um eine druckgraphische Wiederholung handelt. Im
folgenden wird der Begriff jedoch beibehalten und auf die, sich
vollständig an der Bildvorlage orientierenden, plastischen
Darstellungen angewendet, weil die Bezeichnung der "Kopie" für
ihre terminologische Anwendung auf die spätmittelalterliche
Retabelkunst geeignet bleibt, da künstlerische Originalität in
der Retabelproduktion (plastische Bildwerke und Malerei) in die
umfassendere Norm der Orientierung an und der Reproduktion von
überlieferten Bildmotiven integriert blieb.
Die Auswertung des untersuchten Bestandes an plastischen
Bildwerken nach Kupferstichen Schongauers belegt die über das
einzelne Werk, das sich auf einen Stich bezog, hinausweisende
Gültigkeit spezifischer Kriterien, die für die Umsetzung
ausschlaggebend wurden. Die plastischen Umsetzungen offenbaren
ihre Bezogenheit auf ästhetische und ikonographische Aspekte der
druckgraphischen Vorbilder. Es handelte sich hierbei in der
Mehrzahl nicht um eine intellektuelle Auseinandersetzung der
Bildschnitzer mit den Stichen, wie sie für die Verwendung der
Stiche in der Werkstatt Tilman Riemenschneiders nachgewiesen
werden konnte. Dennoch wäre es verfehlt, würde man den