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Noack, Ferdinand
Ovalhaus und Palast in Kreta: ein Beitrag zur Frühgeschichte des Hauses — Leipzig, Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.902#0058
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o 5- Ovalhaus und Palast.

ins Innere des Hauses schiebt. Man wird nicht behaupten
können, daß sie hier etwa durchaus unentbehrlich gewesen
wären. Gerade hier ließ man also dem Pfeilersaal seinen ur-
sprünglichen Bestand.

Gegenüber dem Ganzen aber, dem sich dieser Raum nur
als ein einzelnes Element einfügt, gegenüber der schon in den
drei Palästen gleichen, typischen Grundgestalt drängt sich eine
weitere Frage auf.
Motiv des In der festländischen Anlage ist der allseitig von Ge-

s' mächern umbaute Binnenhof nicht heimisch. Der Grund-
gedanke ist hier, daß der Hof vor dem Hause liegt, daß dieses
sich auf einer seiner Seiten gleichsam in ihn hineinschiebt,
während das selbständige Torgebäude ihm gegenüber liegt. So
sehen wir es deutlich in Troia II, aus Arne ist es abzuleiten
(H. P. 19 f.), und auch in Tiryns ist dieselbe Genesis unverkenn-
bar. Woher ist dem kretischen Palast das hiervon ganz ver-
schiedene Motiv des jedesmal langgestreckten Zentralhofes ge-
kommen?

Man vermag heute die Kultur auf Kreta in der konti-
nuierlichen Entwicklung der Keramik weit über die Zeit der
älteren Paläste in frühere Perioden zurückzuverfolgen.60) Diese
Entwicklung vollzog sich auf der Insel selbst. Es ist deshalb
nicht unbegründet, auch für die Grundformen der mit den
höheren Stufen dieser Kultur so eng verbundenen Palastanlage,
anstatt gleich fremden Einfluß anzurufen, eine unmittelbare,
nur primitivere Vorstufe im eigenen Lande vorauszusetzen.
Auch Makenzie muß für seine Theorie einen derartigen Haus-
typus annehmen — mehrzellig, mit (herdlosem) Hauptgemach,
dieses mit Verbindungstüren, Fenstern und vielleicht einem
Lichtschacht an der Rückseite —, der auf Kreta selbst der Zeit
der Paläste lange vorangegangen sei, nachdem er von Süden
in die ägäische Zone eingedrungen war.61) Jedoch wir be-

60) Makenzie, Journ. hell. St. XXIII 1903, 157 ff. Ann. XII 224 t

61) Auch Burrows, The discoveries in Crete 181 gibt der Vermutung
Ausdruck, daß die unregelmäßige Vielräumigkeit der kretischen Paläste ihr
Prototyp in einer alten lokalen Hausanlage gehabt hatte, auf deren Spur jetzt
das Haus von Chamaizi - Siteia führe. Der Irrtum liegt hier nur (wie in dem
kurzen Fundbericht Athen. Mitteil. XXXI 1906, 368 und auch bei Bulle, Orcho-
 
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