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Noack, Ferdinand
Ovalhaus und Palast in Kreta: ein Beitrag zur Frühgeschichte des Hauses — Leipzig, Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.902#0060
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Ca 5. Ovalhaus und Palast.

Seiten*4), unabhängig voneinander, die Deutung gefunden wurde,
die sich nun so glücklich bestätigt hat, würde man kaum ge-
wagt haben, sich die Möglichkeit der Innenteilung einer solchen
Ellipse ins Einzelne auszudenken, wie sie uns jetzt das kre-
tische Beispiel vor Augen stellt (Abb. 7): die ganze Mitte
von größtenteils rechteckigen Raumbildungen erfüllt, — in
den beiden seitlichen Ellipsenabschnitten eine vielfach noch
ganz ungestörte radiale Teilung. Man wird nicht zweifeln
können, daß dieses Gebäude sofort mit Recht in den Brenn-
punkt einer in den letzten Jahren lebhaft erörterten Frage ge-
stellt worden ist65), der Frage nach der Herkunft des recht-
eckigen Hausgrundrisses im Mittelmeergebiet und seiner Stel-
lung zum „Kurvenbau".
Rundbau und Die prähistorische Forschung, geführt von Montelius und

Herkunn«' Sophus Müller, will bekanntlich eine reinliche Scheidung
fragen. zwischen dem Rund- oder Kurvenbau, als der alteuropäischen
Hausform und dem rechteckigen Hause; dieses, eine Schöpfung
des Orients, habe unter der Herrschaft der mykenisch-kre-
tischen Kultur zuerst im ägäischen Meere, dann nach Westen
und Norden weiter vordringend über jenes obgesiegt.66) Dem
haben Pfuhl (a. a. O. 335 f.) und Bulle widersprochen, und wenn
ich selbst im Anschluß an eine Vermutung von Evans (Ann.
VII 24) die Möglichkeit einer nördlichen Herkunft des Me-
garontypus noch mit einiger Vorsicht wahrscheinlich zu
machen suchte (H. P. 34f.), so hat Bulle jetzt nachdrücklicher
und unbedingter betont, daß eine Beeinflussung zur recht-
eckigen Bauweise auch nach Orchomenos nur von Norden
gekommen sein könne. Das Megaronhaus könne „nur von
einem Nordvolk erfunden sein, das Wärme nötig hat und den
Herd in den Mittelpunkt des Hauses stellt.-' Einer Herkunft
vom Orient ist der Weg durch Kreta selbst verlegt, dessen
Paläste auch für Bulle dem festländischen Herrensitz mit funda-
mentalen Unterschieden fremd gegenüberstehen.

Nun enthüllt uns das altkretische Haus von Chamaizi-
Siteia ein überraschendes Geheimnis: wie sich nämlich die

64) Bulle, Orchomenos 48. Pfuhl, Jahrb. XXI 1906, I50f. Vgl. auch Anm. 82.

65) Xanthudides, Eph. arch. 1906, 128 f.

66) Sophus Müller, Urgeschichte Europas 68 ff. Montelius, Archiv für
Anthropologie 23, 1895, 458—465. Pfuhl a. a. 0. 336 f.
 
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