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Andermann, Kurt [Hrsg.]; Arbeitsgemeinschaft für Geschichtliche Landeskunde am Oberrhein [Hrsg.]
Residenzen: Aspekte hauptstädtischer Zentralität von der frühen Neuzeit bis zum Ende der Monarchie — Oberrheinische Studien, Band 10: Sigmaringen: Thorbecke, 1992

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Reinhard, Eugen: Die Residenz in der Kulturlandschaft Südwestdeutschlands. Ihre Topographie und ihr Umland
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https://doi.org/10.11588/diglit.52728#0050

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42

EUGEN REINHARD

Laternen in Betrieb genommen werden42. Das neue Gesicht der Residenzstadt gestaltete aber
Friedrich Weinbrenner, der, 1799 zum Bauinspektor und 1801 zum Oberbaudirektor ernannt,
durch seine städteplanerischen und -gestalterischen Leistungen Karlsruhe aus seiner markgräf-
lichen Provinzialität des 18. Jahrhunderts herausführte und ihm mit seinen großzügig gestalte-
ten Straßen und Plätzen mit monumentalen klassizistischen Bauten ein wahrhaft hauptstädti-
sches Gepräge verlieh, das noch heute seine Innenstadt im Bereich der Karl-Friedrich-Straße
und des Marktplatzes bestimmt. Weinbrenners »Via triumphalis«, die das einstige klassizisti-
sche Ettlinger Tor über den Rondellplatz und den Marktplatz mit dem Schloßplatz verband,
verwandelte Karlsruhe in die Hochburg des deutschen Klassizismus mit einem einer großher-
zoglichen Residenz- und Hauptstadt würdigen Grund- und Aufriß. Herrschaftliche Palais
und Gärten, Ministerien-, Behörden- und Kasernenbauten sowie die von Johann Gottfried
Tulla mitbegründete Polytechnische Schule, aus der die älteste Technische Hochschule
Deutschlands hervorgehen sollte, bestimmten fortan den Charakter der badischen Hauptstadt,
die mit dem Beginn des Eisenbahnzeitalters neue zentralitätsschaffende Funktionen als
Standort von Eisenbahnwerkstätten und -fahrzeugfabriken und nicht zuletzt als Direktions-
standort der badischen Staatsbahn erhalten sollte43.
Bis zum Beginn des Eisenbahnzeitalters bildete die in napoleonischer Zeit angelegte
Kriegsstraße, auf der vor allem Militär um die Stadt herumgeführt werden sollte, die südliche
Bebauungsgrenze Karlsruhes. Mit dem Bau des ersten Karlsruher Bahnhofs, der 1843 auf dem
Beiertheimer Gewann »Nachtweide« in Betrieb genommen wurde, setzte bis zum Ende der
Residenzstadtzeit die Erschließung südlicher und südwestlicher Stadtteile mit der Südstadt
und der Südweststadt ein. Östlich und westlich der in der Weinbrennerzeit im ersten Viertel
des 19. Jahrhunderts nach Osten und Westen hinausgeschobenen Toranlagen von Durlacher
und Mühlburger Tor entstanden in der Oststadt und in der Weststadt neue Wohn- und
Gewerbeviertel. Aus der Innenstadt ausgelagerte Kasernen und der Bau der Kadettenanstalt an
der Moltkestraße waren dabei die Ansatzpunkte des städtischen Wachstums. Markante
Endpunkte dieser Entwicklung waren gegen Ende der großherzoglichen Residenzstadtepoche
die Eingemeindung Mühlburgs und der Ausbau des Rheinhafens im Westen sowie die
Verlagerung des Bahnhofs mit dem Bau des neuen Haupt- und Rangierbahnhofs im Süden
und Südosten44.
Im Fürstbistum Konstanz, das aus dem größten mittelalterlichen Bistum auf deutschem
Boden hervorgegangen ist, das sich aus den Zentralalpen, wo es an die Bistümer Sitten und
Lausanne sowie an den Archidiakonat von Mailand angrenzte, bis ins mittlere Neckarland,
vom südlichen Oberrhein bis an die Iller erstreckte, vollzog sich eine Residenzverlegung aus
42 Reinhard, Karlsruhe (wie Anm. 35) Karte und Beiwort S. 7 ff.; Reinhard, Hauptstadt Badens (wie
Anm. 34) S. 4f.
43 H. Huth, Friedrich Weinbrenner und Karlsruhe, in: Tagungsführer zum 65. Deutschen Geodätentag
in Karlsruhe, hg. vom Deutschen Verein für Vermessungswesen, Karlsruhe 1981, S. 45ff.
44 Reinhard, Hauptstadt Badens (wie Anm. 34) S. 5ff.; E. Reinhard, Stadterweiterungen bis zum Ende
des 19.Jahrhunderts, in: Residenz im Kaiserreich. Karlsruhe um 1890, hg. vom Generallandesarchiv
Karlsruhe, bearb. von K. Krimm und W. Rössling, Karlsruhe 1990, S. 126-133; W. Rössling, Zur
Repräsentationsfunktion öffentlicher Kunst, in: ebenda S. 99-117; G. Schultz, Industrie - am Rand der
Residenz, in: ebenda S. 134-141.
 
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