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Andermann, Kurt [Hrsg.]; Arbeitsgemeinschaft für Geschichtliche Landeskunde am Oberrhein [Hrsg.]
Residenzen: Aspekte hauptstädtischer Zentralität von der frühen Neuzeit bis zum Ende der Monarchie — Oberrheinische Studien, Band 10: Sigmaringen: Thorbecke, 1992

DOI Kapitel:
Wolf, Jürgen Rainer: Darmstadt als Residenz der Landgrafen und Großherzöge von Hessen
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https://doi.org/10.11588/diglit.52728#0411

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Darmstadt als Residenz der Landgrafen
und Großherzöge von Hessen

VON JÜRGEN RAINER WOLF

Wer heute über den Verkehrsknoten des Darmstädter Kreuzes, eine der Schnellstraßen aus
Westen, Süden und Norden, die in den sechziger Jahren gerne als »Residenz kritischer
Geister«1 apostrophierte ehemalige Hauptstadt2 der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, des
Großherzogtums und des Volksstaates Hessen erreicht, sieht, bevor ihn der Tunnel des
Innenstadtrings unter die Erde schickt, hinter dem Verfassungsdenkmal des »Langen Ludwig«
den barocken Westflügel des Schlosses. Es ist auch nach dem Ende der Monarchie 1918 ein
zentraler Ort geblieben, der nur sehr bedingt einen Funktionswechsel erlebt hat, und die für
die Geschichte des Gebäudes symptomatischen finanziellen Zwänge haben ihrerseits in der
Nutzung bis in die Gegenwart reichende Kontinuität erzeugt. Das Darmstädter Schloß ist auf
seine Weise ein Konzentrat der Landesgeschichte. Freilich gehört zur Interpretation des nach
der Zerstörung der Bombennacht vom 11. zum 12. September 1944 Wiedererstandenen
angesichts der Verheerungen des Wiederaufbaus im Darmstädter Stadtbild3 viel Phantasie und
Bereitschaft zum Spurenlesen. Die moderne Geschäftsstadt mit ihren wenigen historischen
Inseln ist in dem Drang, die Spuren des Feudalismus zu tilgen, auch im Straßennetz über die
Erinnerung an die verbrannte Fachwerk-Altstadt hinweggegangen. Eher überlebt haben
ironischerweise die Strukturen des Absolutismus, die Vorstädte der Residenz-Zeit vom späten
16. bis zum beginnenden 19. Jahrhundert. Wenn es auch nach dem Zweiten Weltkrieg
Überlegungen zur Niederlegung der Schloßruinen gegeben hat4, so wurde doch gerade dieser
Bezirk erhalten, während das Alte Palais als Sitz von Großherzog, Staatspräsident und
1 So Fritz Usinger, vgl. Darmstadt. Residenz kritischer Geister. Ein Fotobuch von P. Ludwig mit
Beiträgen von K. Edschmid, K. Krolow und G. Wohmann, Darmstadt 1967.
2 Vgl. allgemein zur Stadtgeschichte, die naturgemäß immer Residenz-Aspekte einschließt, zuletzt
F. Battenberg, J. R. Wolf, E.G. Franz und F. Deppert, Darmstadts Geschichte. Fürstenresidenz und
Bürgerstadt im Wandel der Jahrhunderte, Darmstadt 21984, mit älterer Literatur. Zur Landesgeschichte
zuletzt W. Heinemeyer (Hg.), Das Werden Hessens (VeröffHistKommHessen 50), Marburg 1986.
3 Vgl. G. Zimmermann, Darmstadt - Zerstörung und Wiederaufbau der historischen Mitte, Darmstadt
1985.
4 Vgl. G. Zimmermann, Das Darmstädter Schloß und seine Baugeschichte, Darmstadt 1978. Der
ehemalige Leiter des Staatsbauamtes Darmstadt hat darin besonderes Gewicht auf die Geschichte des
Wiederaufbaus gelegt. Zur älteren Baugeschichte vgl. vor allem G. Haupt, Die Bau- und Kunstdenkmäler
der Stadt Darmstadt, 2Bde., Darmstadt 1952-1954. Die von beiden zum Teil ohne Kenntnis der Quellen
in Bestand E 14 A des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt vor allem für die Geschichte der barocken
Bauteile entwickelte Planungsgeschichte richtiggestellt bei J. R. Wolf, Louis Remy de la Fosse - Leben
und Werk, in: Darmstadt in der Zeit des Barock und Rokoko [Katalog] 2: Louis Remy de la Fosse,
Darmstadt 1980.
 
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