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Oelmann, Franz
Die Keramik des Kastells Niederbieber — Materialien zur römisch-germanischen Keramik, Band 1: Frankfurt a. M., 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.42906#0083
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Zur Geschichte der römischen Reibschüssel vgl. Loeschcke, Haltern S. 242 ff. und Ritterling,
Hofheim S. 307 ff. Da sicher spätrömische Stücke m. W. bisher nicht bekannt gemacht sind,
so sei kurz erwähnt, daß eine Reibschüssel mit allerdings recht verkümmertem Kragen noch
unter der dem V. Jahrhundert angehörigen Keramik aus den Barbarathermen in Trier
vorkommt.

H. Rauhwandiges Geschirr.
(Typus 87—120).
Wie üblich, bilden den verhältnismäßig größten Teil der keramischen Funde die grob-
tonigen Gefäße mit ungeglätteter Oberfläche, das Kochgeschirr. Material und Technik sind hier
im Gegensatz zum glattwandigen Geschirr von außerordentlicher Einheitlichkeit. Der dichte,
weißliche Ton zeigt eine reichliche Beimischung von feinem, zuweilen rötlichem Quarzsand,
ist von schiefriger Struktur und sehr hart, fast steingutartig gebrannt. Die Oberfläche ist infolge-
dessen häufig etwas verschlackt und zeigt einen leichten, bald hellgrauen, bald bläulichen
oder auch gelbgrünlichen Glanz. Wo diese Ware hergestellt wurde, läßt sich zufälligerweise
noch ermitteln. Etwa 8 km südlich vom Kastell Niederbieber wurden im Jahre 1897 in der
Nähe der zwischen Urmitz und Weißenturm am linken Rheinufer gelegenen Kapelle
„Am guten Mann“ (Gemeinde Kärlich) mehrere Töpferöfen gefunden, aus denen eine Anzahl
ganz erhaltener Gefäße in das Museum zu Koblenz, Scherben auch in das Provinzialmuseum zu
Bonn (Inv. 12 119) und in die Sammlung zu Oberlahnstein gelangt sind1). Sie sind von der
rauhwandigen Ware in Niederbieber weder in den Formen noch in der Technik zu unterscheiden.
Bei der geringen Entfernung und den denkbar bequemen Transportverhältnissen — Kähne
können von der Töpferei die Wied hinauf bis dicht an das Kastell fahren — wird man diese
Töpfereien unbedenklich als den Ursprungsort des rauhwandigen Geschirrs in Niederbieber in
Anspruch nehmen dürfen. Nach den vielen, zum Teil reichen Grabfunden zu schließen, die seit
Jahren dort zu Tage kommen, muß die Ansiedlung recht beträchtlich gewesen sein. Die dor-
tigen Töpfereibetriebe scheinen sehr bedeutend gewesen zu sein und einen weiten Absatz gehabt
zu haben, denn ganz entsprechendes Kochgeschirr wie in Niederbieber findet sich nicht nur in
der näheren Umgebung wie in den Andernacher Skelettgräbern, wo es ebenso unumschränkt
herrscht, sondern auch in allen spätzeitigen Limesanlagen bis hinauf nach Miltenberg2), d. h. so-
weit es auf dem Wasserwege gelangen konnte, rheinaufwärts in Bingen, Mainz, vereinzelt noch
in Worms, jedoch nicht mehr in Rheinzabern, rheinabwärts in Bonn, Köln, Neuß, Xanten und
Nymegen (Sammlung Kam), ja sogar moselaufwärts in Trier (z. B. Prov.-Mus. Inv. 21 447).
Diese für gewöhnliches Kochgeschirr enorme Ausdehnung des Verbreitungsgebiets mahnt
natürlich zur Vorsicht und gibt zu bedenken, daß trotz größter Ähnlichkeit aller dieser Vorkommen
eine gleiche Provenienz keineswegs erwiesen ist. Denn wenn Rheinzaberner und Trierer Sigillata
allein nach ihrer Technik nicht zu unterscheiden sind, so kann dasselbe auch beim rauh-
wandigen Kochgeschirr der Fall sein.
Neben dieser typischen „Urmitzer“ Ware kommen ganz vereinzelt auch Gefäße aus einem
weniger hart gebrannten Ton von rotbrauner oder brauner Farbe vor, die aus einer oder mehreren
anderen, örtlich nicht festzulegenden Töpfereien stammen werden. Es handelt sich zumeist
um seltenere Gefäßtypen, von denen zwei zudem nur durch je ein Exemplar vertreten sind,
vgl. besonders Typus 93, 100 b, 103, 106, 111, 115.
*T y p u s 87. Urne mit nach außen gebogenem Rand.
Von dieser typologisch ältesten Form des römischen Kochtopfs ließen sich noch 13 Rand-
stücke feststellen. Von einem Topf (E 2050) fehlte nur das untere Drittel, so daß er als Typus
x) Kurz erwähnt von Klein, Bonn. Jahrbb. 102, 1898, S. 193 und Westd. Zeitschrift XVII 1898 S. 39t
(Museogr. f. 1897): ein gut erhaltener Töpferofen wurde vom Museum genauer untersucht und aufgenommen.
2) Drexel, ORL Nr. 33 Stockstadt S. 112 und Nr. 38 Miltenberg S. 63.
 
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