Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Oess, Guido
Untersuchungen zum altenglischen Arundel-Psalter — Heidelberg: Carl Winter's Universitäts-Buchhandlung, 1908

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51679#0016
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
6

Die altenglische Interlinearversion.

Daneben finden sich andere Unregelmäßigkeiten, auf die hier
aufmerksam gemacht sein möge. Nicht selten sind Glossierungen
wie "hi gemundon synd: rememorati sunt’, wo hi gemimdon der Vor-
lage entnommen wurde, der Kopist oder Glossator sich aber ver-
pflichtet glaubte, 'sunt’ nochmals einer Interpretation zu unterziehen.
Gelegentlich findet sich auch Kontamination zweier Lesungen, ab-
sichtliche Textänderung, Einfluß des Lemmas (ohne daß dadurch die
Glosse direkt verderbt wird), gegenseitige Beeinflussung benachbarter
Glossen, Übernahme des Lemmas, fehlerhafte Auslassungen und
Doppelsetzung von Glossen. Auch in der Schreibung bisweilen Will-
kürlichkeiten: Doppelkonsonanz für zu erwartende einfache Kon-
sonanz und umgekehrt Fälle haplographischer Natur. Aphärese von
h vor Vokal im Wort- und Silbenanlaut begegnet ca. 29 mal, ebenso
Epenthese in gleicher Stellung ca. 34 mal.
Eine Inventarisierung aller dieser Versehen und Ungenauig-
keiten vorzunehmen, oder Glossen, die nicht in Kasus, Numerus,
Tempus, Person etc. mit dem Lemma übereinstimmen, jeweils be-
sonders kenntlich zu machen, schien mir kaum für irgendeine
Disziplin von besonderem Wert. Es konnte um so mehr davon Ab-
stand genommen werden, da derartige Ausgaben, wie das schon
Logeman1 ähnlich ausgesprochen hat, nicht als Einführung ins Alt-
englische dienen sollen.
Andererseits hingegen weist die Glosse eine Reihe unzwei-
deutiger Fehler auf. Schon das Gewand, in der sie erscheint, die
insulare Schrift, bot Anlaß zu Buchstabenverwechslungen und Ver-
schreibungen, wie sie sich auch in andern Hss. nachweisen lassen.2
Oft ist durch diese Verwechslung oder Verschreibung eine Umwertung
der Glosse bedingt: Fälle, in denen sich das rein mechanische
Moment mit dem psychologischen gekreuzt hat, und bei denen kaum
entschieden werden kann, welches von beiden als primär anzu-
sprechen ist. Daneben gelegentlich fehlerhafte Schreibungen zu-
fälliger Natur. Verhältnismäßig häufig begegnen mechanische Vor-
wegnahme oder Wiederholung eines Buchstabens und fehlerhafte
Auslassungen, ebenfalls nicht selten mit psychologischen Prozessen
verbunden. Da nach Vorlage gearbeitet wurde, ist Abirren des
Kopisten eine gewöhnliche Erscheinung. Ein großes Kontingent
stellen falsche Glossen, die sich sofort als Entstellungen der Vorlage
erkennen lassen; -wieviel auch hier dem Glossator oder Kopisten
bewußt oder unbewußt in die Feder floß, was auf rein psychologische
Vorgänge, willkürliche Änderung, Nichtverstehen der Vorlage oder
1 The Rule of St. Benet, Latin and Anglo-Saxon Interlinear
Version. London, Utrecht 1888, S. XXXII f.
2 Vgl. Wildhagen, a. a. 0., S. 33 f.
 
Annotationen