Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Otto, Gertrud; Watzinger, Carl; Weise, Georg
Die Ulmer Plastik der Spätgotik — Tübinger Forschungen zur Archäologie und Kunstgeschichte, Band 7: Reutlingen, 1927

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31325#0132
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ähnlich wie die Madonna von Ennetach
können wir auch die Muttergottes (Abb.
123) des Bingener Altares zum Ausgangs-
punkt bei der Aufstellung einer größeren
Reihe von werkstattmäßigen Abwand-
lungen nehmen. Die Gestalt ist wuchtiger,
voller und gedrungener, die Bildung der
Gesichtsziige herber, die ganze Auffassung
größer. Die Gewandgebung charakteri-
siert der große monumentale Schwung
und die gerundete Dinienftihrung der
Hauptfalten. Selren wir näher zu, so fin-
den sich auch hier, wenngleich in anderer
Zusammensetzung, die für die Syrlin-
werkstatt bezeichnenden Einzelmotive der
Brücke, des Dreiecks, des Mantelum-
schlags und des Strahlenbündels wieder.
Alle Eigentümlichkeiten der Körperbil-
dung und des Kopftypus teilt mit der
Bingener Madonna eine Muttergottes (Abb.
138) der Pfarrkirche zuWattenweiler
(B.Ä. Krumbach). Der breite rundliche
Kopf mit den ernsten Gesichtszügen, den
weit auseinanderliegenden Augen, den deut-
lich ausgeprägten Dinien, die von der Nase
zum Mund führen, gemahnt an die Binge-
11er Muttergottes. Ebenso die Art der
Haarbehandlung, die Haltung und die
ganze Fülle der Erscheinung. In der Ge-
wandung ist die Binnenzeichnung der Eal-
tenmotive etwas abweichend, verblüffend
ähnlich aber wirkt der ganze Kontur,
die Geschlossenheit der Dinienführung
und der großzügige gerundete Schwung
der Mantelraffung.

Noch näher als die Eigur zu Watten-
weiler steht der Bingener Muttergottes eine Madonna (Abb. 139) in Ber-
liner Privatbesitz, die jetzt als Deihgabe im Kaiser Friedrich-Museum
zu sehen ist. Dehio 1 hat sie Riemenschneider zugeschrieben. Doch weisen
alle Stilmerkmale auf Syrlin hin. Die Faltengebung zeigt die allgemein
üblichen Motive der Schlinge, des Dreiecks, der Rolle und gemahnt in

Abb. 132. Ennetach

Pfarrkirche. Madonna.

1 Geschichte der Deutschen Kunst Bd. II Abb. 354.

128
 
Annotationen