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Otto, Gertrud; Watzinger, Carl; Weise, Georg
Die Ulmer Plastik der Spätgotik — Tübinger Forschungen zur Archäologie und Kunstgeschichte, Band 7: Reutlingen, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.31325#0179
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5. Die Zwiefaltener Tafeln und ihre Verwandten.

Die Betraclitung der Syrlinwerkstatt lrat uns fast bis zu den letzten
Jahren ihrer Wirksamkeit geftihrt. Den Ausgang unserer Untersuchung
hatten die gesicherten Werke Syrlins, die Altäre von Ochsenhausen, Enne-
tach und Bingen gebildet. In vorsichtigem Weitertasten und in der Ver-
folgung der dort zu beobachtenden Formelemente konnten wir eine lange
Reihe von Bildwerken zusammenstellen, die in der Werkstatt Syrlins ent-
standen sind oder auf deren unmittelbaren Einssuß zurückgeführt weixlen
mtissen. Das vierte gesicherte Hauptwerk des Meisters, die Passionstafeln
aus Zwiefalten, haben wir bisher ganz außer acht gelassen. Sie rnüssen uns
eingehender beschäftigen, wenn wir den Versuch rnachen wollen, auch die
späteste Schaffensperiode der Syrlinwerkstatt mit einer größeren Reihe
von Bildwerken zu belegen.

Die Zwiefaltener Tafeln sind verhältnismäßig spät (1509 bis 1516) ent-
standen. Die Syrlinsche Art gibt sich auch bei ihnen in den Köpfen und in

Abb. 189. Faltenmotive a u. b.

der Auffassung deutlich zu erkennen. Auf die sich in der Gewandinterpre-
tation bekundende, durch die gesicherte Entstehungszeit chronologisch fest-
gelegte Stilwandlung werden wir noch zurückzukommen haben. Neues
bringen diese Zwiefaltener Passionstafeln gegenüber den übrigen gesicher-
ten Werken des Meisters auch insofern, als sie erzählende Gruppendar-
stellungen an Stelle der Reihung von Einzelfiguren setzen. Die für solche
Einzelfiguren in der Werkstatt ausgebildeten rezeptmäßig feststehenden
Typen lassen sich nicht ohne weiteres bei erzählenden Darstellungen ver-
wenden. Die Verknüpfung verschiedener Personen zu einer Gruppe unter-
bindet die Verfestigung in bestimmte Schemata. Immerhin treten auch bei
den Zwiefaltener Tafeln alle in der Werkstatt traditionellen Faltenmotive
wie Rolle, Brücke, Fischblase und Dreieck in typischer Ausbildung auf. Neue
Motive (Abb. 189) lassen sich daneben aussondern und mögen wiederum eine
sie charakterisierende Benennung erhalten. Häufig erscheint die T ü t e (a),

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