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Otto, Gertrud; Watzinger, Carl; Weise, Georg
Die Ulmer Plastik der Spätgotik — Tübinger Forschungen zur Archäologie und Kunstgeschichte, Band 7: Reutlingen, 1927

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31325#0139
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Wesentlich fiir den veränderten Eindruck
ist der Wechsel im Formgefühl. Schon in
Nußdorf läßt sich der Übergang z.u stär-
kerer Gratigkeit und tieferer Unterschnei-
dung der einzelnen Faltenzüge beobachten.

Ficht und Schatten treten deutlicher aus-
einander; zugleich erfährt die Binnenzeich-
nung eine stärkere Belebung. Die Altar-
hguren in Sentenhart zeigen die gleiche
Tendenz. Auch der Kopftypus der Madonna
hat in beiden Fällen eine Umbildung zu
rundlicheren und jugendlicheren Formen
erfahren. Der Körper erscheint voller und
gedrungener als bei den vorangehenden
Muttergottesfiguren. Mit den zuerst be-
sprochenen Bildwerken, die sich urn die
Altarschreine von Bingen, Ochsenhausen
und Fnnetach gruppieren ließen, waren wir
zeitlich nicht tiber die Jahrhundertwende
hinausgekommen. Aucli der Wengenaltar
muß, wie oben angedeutet, vor 1499 ent-
standen sein. Die Figuren von Nußdorf und
Sentenhart, die schon der Zeit nach 1500
angehören dürften, leiten uns zu einer neuen
Entwicklungsphase der Werkstatt tiber, in
deren Mittelpunkt die Bildwerke am West-
portal des Ulmer Münsters stehen.

3. Die Laibungsfiguren des Ulmer Westportals
und ihr Kreis.

Der reiche plastische Schmuck des Haupt-
portals und der Vorhalle des Ulmer Münsters
gehört zum größeren Teil früheren Perioden
an. Nur die fast lebensgroßen unteren Uai-
bungsfiguren der zweiteiligen Portalöffnung und des sie trennenden Mittel-
pfeilers sind Werke der Spätgotik. Im Unterschied zu den Stein-Bildwerken des
weichen Stils sind sie alle aus Holz gearbeitet. Ihre ursprüngliche bunte
Bemalung wurde später durch einen steinfarbenen Ölanstrich überdeckt.

Der Wahl und Aufstellung der Figuren scheint ein festes Progranun zu-
grunde zu liegen. Zu oberst in der Uaibung stehen vier Propheten, diesen

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