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Otto, Gertrud; Watzinger, Carl; Weise, Georg
Die Ulmer Plastik der Spätgotik — Tübinger Forschungen zur Archäologie und Kunstgeschichte, Band 7: Reutlingen, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.31325#0221
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Die Ableger der Syrlin-Werkstatt.

WIR haben im vorausgehenden Kapitel versucht, diejenigen Arbeiten
nachzuweisen und in den chronologischen Entwicklungsgang einzu-
reihen, die nach unserer Meinung in der Werkstatt des jungen Syrlin ent-
standen sind. Jedoch nicht nur durch den Export fertiger plastischer Schöp-
fungen hat der Sj’rlinsche Stil in weiten Gebieten Siiddeutschlands Ver-
breitung gefunden. Er lebt ebenso in Schulwerken fort, die in beträchtlicher
Entfernung von Ulm entstanden sind. Sowohl die Größe des Werkstatt-
betriebs wie das sich anscheinend bei Syrlin in besonderem Maße aus-
prägende Scliaffen nach bestimmten rezeptnräßigen Gewohnheiten scheinen
einer Schulbildung größten Umfangs Vorschub geleistet zu haben, wie sie
von der Syrlinschen Werkstatt ausgeht. Zahlreiche Kräfte, die bei Syrlin
ihre Ausbildung erhalten hatten oder vorübergehend unter ihm tätig waren,
haben später die dort erworbenen fornralen Grundlagen einer nach festen
Regeln und Rezepten schaffenden Arbeitsmethode an den Ort ihrer selb-
ständigen Wirksamkeit verpssanzt. In allen Teilen Schwabens stoßen wir
auf Bildwerke, die die Syrlinschen Formen bald mehr bald minder modi-
fiziert und umgewandelt zu erkennen geben. Die Grenze zwischen Werk-
stattgut und Schulgut läßt sich häufig nicht mehr ziehen. Schon öfters
hatten wir derartige Erscheinungen zu streifen. Gerade die frrihesten
Schöpfungen solcher lokaler Meister werden aufs Engste den Zusanrnrenhang
nrit der Syrlinschen Werkstatt-Tradition wahren. Erst allnrählich tritt eine
Verselbstärrdigung und ein Herauswachsen aus den fest unrrissenen Ge-
wohnheiten zutage. In zunehnrendenr Maße wird sich in solchen Fällen
bei Arbeiten, die einenr enger unrgrenzten geographischen Gebiet angehören,
die Gemeinsamkeit bestinrnrter Sondercharaktere beobachten lassen. Wir
gewinnen nrit diesen Feststellungen die methodische Grundlage für die
Abgrenzung einzelner von Syrlin lrerzuleitender lokaler Bildschnitzer, wie
sie in den folgenden Abschnitten, soweit angängig, versucht werden soll.

1. Der Meister des Kreenheinstetter Altars,

In nächster Nähe von Ulnr können uns die beiden Seitenaltäre der Kirche
zu E r s i n g e n (O.A. Ehingen) als Ausgangspunkt für die Feststellung
einer jener Sonderrichtungen dienen. Der eine der beiden, der das Datunr
1514 trägt 1, birgt die Heiligen Konrad, Barbara und Katharina (Abb.242),
der andere eine Verkündigung (Abb. 243). Beide Altäre sind zweifellos unr die

1 Im Inventar (Kunst- und Altertumsdenkmale O.A. Bhingen S. 76) ist irrtümlich das Datum 1517
genannt.
 
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