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Pagenstecher, Rudolf; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Die calenische Reliefkeramik — Berlin, Band 8.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.42508#0022
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R. Pagenstecher, Die calenische Reliefkeramik.

So geschah es im 6. und 5. Jahrhundert, wo die Bemalung der dem einfachen
Gebrauche dienenden Gefäße Schönheit der Zeichnung und der Form aufzuweisen
hatte, welche seitdem kaum jemals wieder erreicht worden ist, zu einer Zeit, da
der Künstler ein Handwerker, aber auch der Handwerker ein Künstler war, der
das Kunsthandwerk der großen Kunst nicht um vieles nachstehen ließ.
Aber jene Blüte ,mußte vergehen in Zeiten, da tönernes Geschirr nicht mehr
die Tafel der Vornehmen zieren durfte, da Meisterwerke der Keramik, wie sie von
hervorragenden Künstlern nur für Auserwählte verfertigt werden konnten, nicht
mehr begehrt wurden, da das steigende Luxusbedürfnis Gold und Silber, oder doch
wenigstens Bronze zum Schmuck der Tafel verlangte.
Nicht viel ist es, was von dieser Zeit an, die etwa mit der Epoche Alexanders
des Großen und namentlich seiner Nachfolger einsetzt, die Vasenmalerei noch leistet.
Die rotfigurige Technik tritt zurück, mit bunten Farben sucht man einen neuen Ein-
druck hervorzurufen, durch Verwendung von Gelb oder Gold sich dem Metallvorbild
zu nähern. Lässiger wird die Hand des Töpfers: keinen Maler von großem Können
beschäftigt mehr seine Werkstatt. Ornamentale Motive genügen, ja einfachste geo-
metrische Dekoration muß den Bedarf decken. Die menschliche Figur tritt als das
am schwersten zu Bewältigende zurück, wie die primitive Vasenmalerei lange ge-
zögert hatte, bis sie sich an dieses Froblem heranwagte.
Mögen uns Einzelheiten durch ihre Feinheiten entzücken — im allgemeinen
ist der Niedergang außerordentlich groß; eine Zukunft hatten nur die Fabriken,
welche aus den veränderten Zeiten die Konsequenzen zogen und sich völlig der
Nachahmung der Metallarbeit zuwendeten, d. h. das Relief auf die Vasen brachten.
Wie in den alten Zeiten, von denen uns die Funde auf Kreta anschauliche
Kunde geben, die Toreutik die Keramik beherrschte, und demzufolge durch Relief-
dekoration die Töpfer einen metallischen Eindruck ihrer Gefäße zu erzielen bemüht
waren, so auch jetzt. In einem Land hatte diese Technik stets ihre Gültigkeit be-
halten, nämlich in Etrurien.
In Griechenland ist sie durch die hohe Blüte der Vasenmalerei lange zurück-
gedrängt worden, am Ende des 4. Jahrhunderts aber bricht sie wieder hervor, ge-
winnt immer mehr an Boden und wird schließlich in der Terra sigillata die das
römische Weltreich beherrschende Dekoration.
Unter den Funden vom Westabhang der Akropolis, welche uns zuerst über das
Ausklingen der Vasenmalerei nähere Auskunft gegeben haben *)> beginnt bereits
das Relief eine Rolle zu spielen, wenn auch erst in den späteren Stücken der Funde.
Daß sie auf den älteren Stufen fehlt, ist Zufall. Wir müssen hier etwas länger ver-
weilen.
Ich habe in meiner kurzen Übersicht über die griechisch-römische Keramik
in Ägypten * 2) nur flüchtig auf den Einfluß hinweisen können, welchen Alexandrien
auf die Ausgestaltung der Dekoration der erwähnten Gattung ausgeübt hat. Es

*) Athen. Mitt. XXVI 1901 50 ff. (Watzinger).
2) In dem demnächst erscheinenden zweiten Bande

der von Th. Schreiber herausgegebenen Publi-
kation der »Ernst Sieglin-Expedition«.
 
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