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Panofsky, Erwin <Prof. Dr.>
Hercules am Scheidewege und andere antike Bildstoffe in der neueren Kunst — Leipzig, Berlin, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.29796#0092
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Hercules Prodicius

altera est dextra, in qua virtutis opera celebrantur, arduum ac difficilem
limitem pandens. Quem qui evaderint, quieta sede excipiuntur. Quas par-
tes quisque ab anno sexto decimo obtinebat, in iis fuerat staturus."1)

Noch einen Schritt weiter geht eine Dichtung des Maximinus, die
die Vorstellung des Y nicht nur mit der Hesiod-Vorstellung verbindet,
sondern sogar das von den Rhetoren aufgebrachte Motiv des „Ab-
grunds" hinzunimmt, und die um so verbreiteter war, als sie bis weit ins
16. Jahrhundert hinein als virgilisch galt. Als solche wurde sie auch
von Hans Sachs sehr wortgetreu in deutsche Verse übertragen, die hier
dem Urtext gegenübergestellt seien:

Maximinus (Pseudo-Virgil).

Littera Pythagorae, discrimine sec-
ta bicorni,

Humanae vitae speciem praeferre
videtur.

Nam via virtutis dextrum petit
ardua callem

Difficilemque aditum primo spec-
tantibus offert,

Sed requiem praebet fessis in ver-
tice summo.

Molle ostendit iter via laeva, sed
ultima meta

Praecipitat captos volvitque per
aspera saxa.

Quisquis enim duros casus virtutis
amore

Vicerit, ille sibi laudem decusque
parabit.

Hans Sachs.

Dieser buchstab Pytagore
Ist zerspalten von weytten
Gleich wie zway hörner auff bayd
seyten,

An zu schawen, sam zeigt er, das
Menschlichs Lebens zwaj^erley
strasz.

Erstlich der hoch weg zayget an
Der tugend strasz, der ghrechten
pan;

Die bringet erstlich im anfang
Entgegen ein herrtten angang;

Den müden aber gibt er rhu.

So sie kummen hin nauff darzu
Der höchsten tugentsamen spitzen,
Da mügen sie geruhsam sitzen.

Die ander strasz gar senfft und
weit

Zeigt uns an die wollustbarkeit,
Aber das letst zil stürtzt die
armen

Ab durch die feisen an erbarmen.
Wer nun die hertten feil entpfind,
Durch lieb der tugend uberwind,
Der wirt im zu ewigen zeitten
Lob, ehr und grosses preisz berey-
ten.

i) Abdruck bei Alpers, S. 8, aber ohne Hinweis auf die Tatsache, daß das Pythago-
räische Motiv hier bereits völlig mit dem Hesiodischen verschmolzen ist.
 
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