Sehr viel weniger kann man sich freilich mit den meist anch Bürcklein ge-
hörenden Häuserbauten zu beiden Seiten einverstanden erklären, wo nun der cr-
sehnte neue Banstil die Auferstehnng seiern sollte. Die erste Probe desselben war
in dem von Bürcklein um 1854 erbauten Gebärhause an der Sonnenstraße hergestellt
worden, das in Terrakottenbau ausgeführt, nicht ohne Reiz der den lombardischen
Ziegelbauten entlehnten Ziersormen, wenn auch in seiner, energischer Gliederung ent-
behrenden Hauptform zn schwer ist. Jhm folgte ein Taubstnmmen-Jnstirnt in der
neuen Straße, das nachmals dem National-Mnseum Iveichen mußte und einige Privat-
häuser, für welche aber nach dem Wunsche des Königs fast durchwegs Spitzbogen-
Arkaden im Erdgeschoß zur Verwendnng kamen, in die dann Läden und ein Zwischen-
stock unorganisch eingepreßt werden mußten. Weit besser gelang die den Eingang
der Straße bildende Münze, wo die Arkaden wirklich zur Aussührung kamen. Dann
baute Gottgetreu, Professor am Polytechnikum, den Gasthof zu den vier Jahreszeiten
ursprünglich als große, sich in den Formen mehr der Renaissance nähernde Zins-
kaserne. Alle übrigen Hünser der Straße, wie sie nnn nach und nach entstanden, bilden
freilich ein unerfreuliches Kompromiß zwischen der Gier der Bauspeknlanten und
den Anfordernngen des Königs, der ein neues verlangte, das kein Mensch zn sinden
vermochte, wo dann statt dessen gewöhnlich allerhand Willkiirlichkeiten zn stande
kamen. Das Schlimmste bleibt aber immer, daß diese Gebände nicht einmal den Reiz
persönlicher Laune besitzen, oder die besonderen Verhültnissc ihrer Erbauer ans-
sprechen, da die ganze Straße nach einem lange vorher angefertigten Modelle herge-
stellt werden mnßte, was nicht nur der Jdee einer solchen, als dem Ansdrnck der
verschiedensten Jndividualitüten widerspricht, sondern auch als eine schon durch ihre
notwendige Monotonie unleidliche Geschmackstyrannei verstimmt. Von Verwendnng
der Skulptur nnd Malerei konnte bei diesen lediglich von Baunnternehmern errich-
teten Zinskasernen ohnehin nicht die Nede sein, so wenig als von irgend einer Orna-
mentik, die ja doch einen wirklich organisch entwickelten Stil vorausgesetzt hätte, statt
eines bloßen Ragouts von allen möglichen Bauformen. — Weit besser, ja eine hoch-
interessante Arbeit ist das die Nordseite des Fornms bildende Regiernngsgebäude
das Bürcklein in einer Art gotischen Ilbergangsstils uicht ohne entschiedenes Geschick
herstellte, und wo die aus dem dabei verwendeten Terrakotten-Material hergeleiteten
Zierformen immerhin dem Ganzen sehr viel mehr Reiz geben. Daß den Bedürfnissen
einer solchen Schreiberkaserne, die vor allem eine Unzahl Fenster brauchte, natürlich
eine Menge Zugestündnisse gemacht werden mnßten, die der Monnmentalitüt des
Banes im Wege stehen, ist selbstverständlich. Bei dem überdies angewandten Spar-
system hat man sich nur zu wundern, daß noch so viel echt Künstlerisches gerettet
und das Ganze sehr zweckentsprechend, wenn auch nicht ohne die nnn einmal in
München bereits traditionell gewordene Raumverschwenduug eingerichtet ward. Von
einer Durchführung der Bauformen der Stirnseite im Jnnern konnte freilich kaum
die Rede sein, ihre Verwendnng zu bloßer Dekoration tritt darnm überall hervor,
wie geschickt sie auch geschehe.
Ungleich weniger angenehm, weil talentloser, wirkt die willkürliche Stil-
mantscherei bei dem gegenüberliegenden National-Musenm, das von Riedel gebaut
ward. Sohn eines Architekten und Bruder des Malers, hatte derselbe als Schüler
Gärtners schon das Damenstift in der Lndwigstraße nach dessen Plünen ausgeführt,
war dann nach Jtalien gegangen und nach der Rückkehr, 1840, von König Lndwig
191
hörenden Häuserbauten zu beiden Seiten einverstanden erklären, wo nun der cr-
sehnte neue Banstil die Auferstehnng seiern sollte. Die erste Probe desselben war
in dem von Bürcklein um 1854 erbauten Gebärhause an der Sonnenstraße hergestellt
worden, das in Terrakottenbau ausgeführt, nicht ohne Reiz der den lombardischen
Ziegelbauten entlehnten Ziersormen, wenn auch in seiner, energischer Gliederung ent-
behrenden Hauptform zn schwer ist. Jhm folgte ein Taubstnmmen-Jnstirnt in der
neuen Straße, das nachmals dem National-Mnseum Iveichen mußte und einige Privat-
häuser, für welche aber nach dem Wunsche des Königs fast durchwegs Spitzbogen-
Arkaden im Erdgeschoß zur Verwendnng kamen, in die dann Läden und ein Zwischen-
stock unorganisch eingepreßt werden mußten. Weit besser gelang die den Eingang
der Straße bildende Münze, wo die Arkaden wirklich zur Aussührung kamen. Dann
baute Gottgetreu, Professor am Polytechnikum, den Gasthof zu den vier Jahreszeiten
ursprünglich als große, sich in den Formen mehr der Renaissance nähernde Zins-
kaserne. Alle übrigen Hünser der Straße, wie sie nnn nach und nach entstanden, bilden
freilich ein unerfreuliches Kompromiß zwischen der Gier der Bauspeknlanten und
den Anfordernngen des Königs, der ein neues verlangte, das kein Mensch zn sinden
vermochte, wo dann statt dessen gewöhnlich allerhand Willkiirlichkeiten zn stande
kamen. Das Schlimmste bleibt aber immer, daß diese Gebände nicht einmal den Reiz
persönlicher Laune besitzen, oder die besonderen Verhültnissc ihrer Erbauer ans-
sprechen, da die ganze Straße nach einem lange vorher angefertigten Modelle herge-
stellt werden mnßte, was nicht nur der Jdee einer solchen, als dem Ansdrnck der
verschiedensten Jndividualitüten widerspricht, sondern auch als eine schon durch ihre
notwendige Monotonie unleidliche Geschmackstyrannei verstimmt. Von Verwendnng
der Skulptur nnd Malerei konnte bei diesen lediglich von Baunnternehmern errich-
teten Zinskasernen ohnehin nicht die Nede sein, so wenig als von irgend einer Orna-
mentik, die ja doch einen wirklich organisch entwickelten Stil vorausgesetzt hätte, statt
eines bloßen Ragouts von allen möglichen Bauformen. — Weit besser, ja eine hoch-
interessante Arbeit ist das die Nordseite des Fornms bildende Regiernngsgebäude
das Bürcklein in einer Art gotischen Ilbergangsstils uicht ohne entschiedenes Geschick
herstellte, und wo die aus dem dabei verwendeten Terrakotten-Material hergeleiteten
Zierformen immerhin dem Ganzen sehr viel mehr Reiz geben. Daß den Bedürfnissen
einer solchen Schreiberkaserne, die vor allem eine Unzahl Fenster brauchte, natürlich
eine Menge Zugestündnisse gemacht werden mnßten, die der Monnmentalitüt des
Banes im Wege stehen, ist selbstverständlich. Bei dem überdies angewandten Spar-
system hat man sich nur zu wundern, daß noch so viel echt Künstlerisches gerettet
und das Ganze sehr zweckentsprechend, wenn auch nicht ohne die nnn einmal in
München bereits traditionell gewordene Raumverschwenduug eingerichtet ward. Von
einer Durchführung der Bauformen der Stirnseite im Jnnern konnte freilich kaum
die Rede sein, ihre Verwendnng zu bloßer Dekoration tritt darnm überall hervor,
wie geschickt sie auch geschehe.
Ungleich weniger angenehm, weil talentloser, wirkt die willkürliche Stil-
mantscherei bei dem gegenüberliegenden National-Musenm, das von Riedel gebaut
ward. Sohn eines Architekten und Bruder des Malers, hatte derselbe als Schüler
Gärtners schon das Damenstift in der Lndwigstraße nach dessen Plünen ausgeführt,
war dann nach Jtalien gegangen und nach der Rückkehr, 1840, von König Lndwig
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