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digen Figuren brachte. Der eigentliche historische Geist aber, der das Wesentliche
aus der Masse des Zufalligen herauszugreifen, die Begebenheiten aus den Charak-
teren zn erklüren versteht, hat ihr immer gefehlt. Dies gilt selbst von einem der
frnhesten und besten Historienmaler der Schule, von Ferdinand Piloty, Bruder
Karls (geb. 1828 zu München), der Schüler Schorns, dann sich ganz an seinen
Brnder anschließend nnd später Rom und Paris besuchend, erst mit sehr seinfühligen
Sittenbildern anfing. So die Ferienreise, einem die junge Patientin besuchenden
Arzt, einer Kapuzinerpredigt rc., um dann erst zum historisch-romantischen Sittenbild
überzngehen, und einen Thomas Morns im Kerker von der Tochter besncht, einen
Rasfael auf dem Todbette, Eberhard von Württemberg an der Leiche seines Sohnes,
und andere „Unglücksfalle" zu malen, denen er auch die Königin von Neapel, als
„Heldin von Gaeta" anreihte. Aiit korrekter Zeichnung, richtiger Empfindnng und
sehr seiner, oft fast zn melancholisch grauer Färbung gemalt, haben alle diese Bilder
viel Ansprechendes. Dann wnrden ihm fünf der grvßten Fresken im National-
mnseuni übertragen, die zu den besten dort vorhandenen gehvren durch die außerge-
wöhnliche Solidität und Strenge der Durchführung. So die Blüte Augsbnrgs,
Maximilian I. Einzug in Prag, eine Szene nus dem Banernkrieg u. a. Weniger
gelungen ist selbstverständlich die Heerschan der Königin Elisabeth im Maximilianeum,
da sie eine dem Maler ganz sremde Nationalität schildert, ein Fehler, den die Schule
gleich allen Vorgängern nur zu oft beging, und wie diese regelmüßig daran
scheiterte, ohne je klüger zu werden. Er hat dann viel nnd gnt, meist historisch-
romantische Szenen aus unseren Klassikern illnstriert, bis ihm bei der Verziernng
des Rathaussaales in Landsberg zwei Fresken übertragen wurden, die Gründung
des heiligen Geist-Spitals dnrch Ludwig den Brandenburger und ein Tanzfest der
Landsberger Bürger darstellend, welche er mit derselben, oft fast die Lebenskrast be-
nachteiligenden, ein wenig peinlichen Korrektheit ansgeführt hat, um dann ganz fiir
die Bauten König Ludwig II. iu Beschlag genommeu zu werdeu. Nicht so natur-
wüchsig und erfrischend wie viele andere, mehr mit dem Verstand schaffend, impo-
niert dieser Künstler doch durch den Respekt vor der Kunst, die Strenge und Ge-
wissenhaftigkeit, die er an seine Arbeiten wendet.

Ähnlich veranlagt wie Piloty, doch viel lebendiger ist dcr Deutsch-Ungar
Alexander Wagner (geb. in Pesth 1838), der erst den Abschied der Jsabella
Zapolya von den Siebenbürgern schildernd, dann besvnders mit einem Freskobild:
Mathias Corvinus, der im Turniere siegt (Pesther Redontensaal), Anfsehen durch
die Frische machte, mit welcher er den jugendlichen Helden darstellte. Ebenso ge-
hören seine Fresken im Nationalmusenm, wie der Einzug Gnstav Adolfs in Aschaffen-
burg und eine Vermählnngsszene zu den besseren durch die klare Komposition und
gute Charakteristik der historischen Figuren. Zusammen mit seinem Landsmann
Alexander Liezenmayer (geb. 1839 zu Raab) malte er dann die Rückkehr eines
vornehmen Herrn von der Jagd in lebensgroßen Figuren, die dnrch das gesunde
malerische Talent der Komposition und die Feinheit des Kolorits gefiel, wie auch
der Vorhang des Gärtnertheaters und „ein Mädchenraub". Von da an widmete er
sich mit Vorliebe der Darstellung von Szenen mit Pferden, so bei einem Zirkus-
Rennen im alten Rom, Csikos-Rennen zu Debreczin, Mazeppa, spanischer Diligence
und anderem aus Spanien, das er längere Zeit Stndien halber besuchte und ihm
besonders viele glückliche Jllustrationen verdankte. 1866 ward er Lehrer an der

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