kaufte aber dann doch lieber noch zwei von Paula Modersohn hin-
zu, wohl weil er fühlte, daß dies echter und naiver ist, und auch
in der Erkenntnis, daß die gedruckte Graphik für den Expressio-
nismus die glücklichste Ausdrucksform bedeutete. In den Mappen
liegen Kirchner und Nolde neben den schönen Münchs und
Gauguins.
Aber Paul Schmitz wollte ja keine Sammlung und ging, auch bei
den Griffelkünsten, nicht auf Vollständigkeit und moderne Kunst-
geschichte aus. Er wollte haben, was ihn freute. Und so nahm
er, was einem bremischen Weltkaufmann, der alle Augenblicke
in New York sein mußte, so wohl ansteht, auch Blätter von Pen-
nel und Arbeiten von Carriere, Forain und Renoir. Vor seinem
Hundert von Liebermann-Radierungen entwickelte er sich zum
Kenner von Druckqualitäten und Zuständen; bei Slevogt aber,
dessen so seltene „Schwarze Szenen" vollständig vorhanden sind,
fehlen sonst die Einzelblätter (die hat die Bremer Kunsthalle von
ihm geschenkt bekommen). Aber dafür sind die Dinge da, in
denen Slevogt unerreicht ist, die Illustrationen zur „Zauberflöte"
und zu den „Inseln Wak-Wak", Slevogts romantisches und phan-
tastisches Teil. Und da fühlte er die Verwandtschaft mit Goya,
von dem besonders bei den „Proverbios" von 1864 ein sehr glück-
licher Kauf gelang. Zahlenmäßig folgt bei der Graphik auf Lie-
bermann natürlich Lovis Corinth, mit 90 Blättern, dann der erst
ganz kürzlich zu vollem Recht gekommene Lautrec, endlich Käthe
Kollwitz und August Gaul.
Bildhauerei war zeitweise die größte Leidenschaft dieses Kunst-
freundes. Heute noch besitzt er einen der so seltenen Marmors
von Kolbe, von dem er sich nie trennt. Natürlich auch die Klein-
bronzen von ihm und von August Gaul, mit seltenen Stücken, Kol-
bes Keßler-Bildnis und Gauls nur in drei Güssen vorhandene Bä-
rengruppe darunter. Ernesto de Fiori und Hermann Haller schlie-
ßen sich an. Doch als bekannt wurde, daß sowohl Renoir wie
Degas auch Skulpturen gemacht hätten, und man dann sah, daß
diese Plastiken so ganz anders waren als man erwartet hatte, viel
weniger im „Stil" und viel stärker im Blut, griff der Verehrer
von Gaul und Kolbe zu und sicherte sich seine Dinge. So hatte er
von allem etwas, Spitztveg neben Vlaminck, und wer nur die Na-
men liest, könnte denken, da wäre kein Plan gewesen. Aber wer
das Ganze beieinander kannte, hat sich immer auch an der Ge-
samtharmonie gefreut. Und bedauert, daß dies nun von der Zeit
auseinandergerissen wird.
Bremen, im Mai 1932.
Emil Waldmann.
zu, wohl weil er fühlte, daß dies echter und naiver ist, und auch
in der Erkenntnis, daß die gedruckte Graphik für den Expressio-
nismus die glücklichste Ausdrucksform bedeutete. In den Mappen
liegen Kirchner und Nolde neben den schönen Münchs und
Gauguins.
Aber Paul Schmitz wollte ja keine Sammlung und ging, auch bei
den Griffelkünsten, nicht auf Vollständigkeit und moderne Kunst-
geschichte aus. Er wollte haben, was ihn freute. Und so nahm
er, was einem bremischen Weltkaufmann, der alle Augenblicke
in New York sein mußte, so wohl ansteht, auch Blätter von Pen-
nel und Arbeiten von Carriere, Forain und Renoir. Vor seinem
Hundert von Liebermann-Radierungen entwickelte er sich zum
Kenner von Druckqualitäten und Zuständen; bei Slevogt aber,
dessen so seltene „Schwarze Szenen" vollständig vorhanden sind,
fehlen sonst die Einzelblätter (die hat die Bremer Kunsthalle von
ihm geschenkt bekommen). Aber dafür sind die Dinge da, in
denen Slevogt unerreicht ist, die Illustrationen zur „Zauberflöte"
und zu den „Inseln Wak-Wak", Slevogts romantisches und phan-
tastisches Teil. Und da fühlte er die Verwandtschaft mit Goya,
von dem besonders bei den „Proverbios" von 1864 ein sehr glück-
licher Kauf gelang. Zahlenmäßig folgt bei der Graphik auf Lie-
bermann natürlich Lovis Corinth, mit 90 Blättern, dann der erst
ganz kürzlich zu vollem Recht gekommene Lautrec, endlich Käthe
Kollwitz und August Gaul.
Bildhauerei war zeitweise die größte Leidenschaft dieses Kunst-
freundes. Heute noch besitzt er einen der so seltenen Marmors
von Kolbe, von dem er sich nie trennt. Natürlich auch die Klein-
bronzen von ihm und von August Gaul, mit seltenen Stücken, Kol-
bes Keßler-Bildnis und Gauls nur in drei Güssen vorhandene Bä-
rengruppe darunter. Ernesto de Fiori und Hermann Haller schlie-
ßen sich an. Doch als bekannt wurde, daß sowohl Renoir wie
Degas auch Skulpturen gemacht hätten, und man dann sah, daß
diese Plastiken so ganz anders waren als man erwartet hatte, viel
weniger im „Stil" und viel stärker im Blut, griff der Verehrer
von Gaul und Kolbe zu und sicherte sich seine Dinge. So hatte er
von allem etwas, Spitztveg neben Vlaminck, und wer nur die Na-
men liest, könnte denken, da wäre kein Plan gewesen. Aber wer
das Ganze beieinander kannte, hat sich immer auch an der Ge-
samtharmonie gefreut. Und bedauert, daß dies nun von der Zeit
auseinandergerissen wird.
Bremen, im Mai 1932.
Emil Waldmann.