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Petersen, Eugen [Hrsg.]
Die Marcus-Säule auf Piazza Colonna in Rom: [Textband] — München, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.9327#0057
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Beschreibung der Bildwerke

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ungleicher Stärke sind, und dass nicht alle Scenen in gleicher Weise sich von einander
trennen. Schwächere Cäsuren scheiden die Scenen einer und derselben Reihe, stärkere
Reihe von Reihe.

Der Grund, Scenen zu Reihen zu verbinden, lag in der engeren Zusammen-
gehörigkeit der Ereignisse; daher die von uns aufgestellten Reihen von sehr ungleicher
Länge sind, von zwei bis acht Scenen, ja mehrmals steht auch Scene um Scene für
sich. Bestehen also auch die eben angegebenen Anzeichen verschiedenartiger Scenen-
trennung, so ist doch das eigentliche Kennzeichen der Fortsetzung oder Endigung einer
Reihe in der Natur des dargestellten Vorgangs gelegen. Mehr als einmal mag die
Reihentrennung auch anders ausfallen; anderswo dagegen scheint sie zwingend, nament-
lich da, wo, wie schon angedeutet wurde, Symmetrie und Gegensatz die Anordnung der
Reihe beherrschen. Eine kürzere Reihe dieser Art bilden die Scenen LXVII — LXIX:
in der Mitte der in den Abgrund getriebene Sarmatenstamm, gegen dieses Zentrum
anrückend links römische Legionare, rechts von Kohorten herangebrachte Kolonisten;
zu längerer Reihe einen sich die Scenen LXXXIII—XC, nicht mit einer, sondern mit
zwei zentralen Scenen, in denen, abermals an den Enden, je der Kaiser erscheint. Es
wird genügen, die Enden der Reihen durch einen Punktstrich zu markieren.

Auch sonst finden wir Marc Aurel mit Gefolge so in zwei Scenen fast un-
mittelbar neben sich selbst gestellt, am auffälligsten Taf. 44 f., und nur als beabsichtigte
Gegenüberstellung inmitten einer Reihe wird solche Anordnung begreiflich. Etwas
Ähnliches ist auf Taf. 57 f. die Nebeneinanderstellung der beiden Kastelle, mit den
gegensätzlich nach links und rechts von ihnen ausrückenden Kohorten.

Es versteht sich, dass der Imperator auch sonst oft in aufeinanderfolgenden
Scenen wiedererscheint; zu seiner Verherrlichung dient ja das Bildwerk, das die Säule
als Basis seines Standbildes schmückt. An der unteren Hälfte ist er jetzt noch sieben-
unddreissigmal nachweisbar, an der oberen, dem Beschauer ferneren, nur einundzwanzig-
mal. Dort zählt man nur neun einzelne und vier, eigentlich nur drei, Doppelscenen,
in denen Marc Aurel nicht anwesend; in der oberen Hälfte dagegen fehlt er achtmal
in einzelnen, achtmal in je zwei, und dreimal in je drei Scenen nebeneinander.

Diese häufige Anwesenheit des Kaisers, wie auch sein Fehlen meist nur in
Einzelscenen, zeigt uns, dass gleichzeitige Vorgänge auf verschiedenen Schauplätzen
des Krieges nur in beschränktem Masse zur Darstellung gekommen sind. Der Kaiser
fehlt meistens in Kampfesbildern, aber er erscheint dann entweder unmittelbar vorher,
oder zum erfochtenen Siege eintreffend; ebenso ist er bei Märschen oft als vorauf-
gegangen oder nachfolgend zu denken, wie z. B. Taf. 20ff., und ein Bild wie dieses
bringt besonders deutlich zum Bewusstsein, dass stets nur ein kleiner Teil der Handelnden,
Römer wie Barbaren, dargestellt werden konnte. Verkehrt aber wäre es, sich die
Dargestellten jeweils als einen Auszug des Ganzen zu denken. Das hätte, von anderen
Übelständen abgesehen, zu unerträglichen Wiederholungen geführt. Der Künstler hat
vielmehr, wo er in einer Scenenreihe die Handlung sich entwickeln lässt, nach dem
Prinzip ergänzender, nicht wiederholender Fortsetzung in jeder folgenden Scene nach
Möglichkeit neue Elemente als an der Aktion beteiligt vorgeführt. So ist gleich in
den ersten Scenen, III—VI, zwar Marc Aurel jedesmal (V ist ungewiss) dargestellt,
aber in IV treten die in III fehlenden Feldzeichen und Lictoren (?) hinzu, in V zum

Marcus - Säule

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