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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1865

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Nr.42 (7. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43886#0176
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aber darauf von Hrn. Lindau eine Schrift, betitelt:
„Abführung der Schinähschrift „Ist die katholische
Religion in Gefahr?"" Diese Schrift ist unent-
geltlich zu haben in der Expedition dieses Blattes
und wird Jedermann gebeten, dieselbe zu holen, um
dann sein Urtheil selbst zu fällen. Hr. Amtsrichter
Beck sagte den paar Leuten noch ferner, daß jetzt
ähnliche Versammlungen in Karlsruhe, Freiburg und
Bruchsal gehalten würden. Glück auf, Ihr altka-
tholischen Herren Becke, was wir Euch vorgesagt,
trifft wörtlich ein: Katholiken, die nicht mehr mit
ihrer Kirche gehen, haben gewöhnlich so tiefes In-
teresse am Kätholicismus, daß sie katholische Ver-
sammlungen (auch auchkatholische) mit ängstlicher
Scheu meiden! Die Trennung aber muß herbei,
helft auch uns zu scheiden die Böcke und die Schafe! —
Heidelberg, 4. Dez. Die sog. „Altkatholiken"
d. h. die Leute, die von der katholischen Kirche ab-
gefallen sind, haben gestern in der Harmonie einen
Fuchsritt gehalten d. h. sie sind zur einen Thüre
herein- und zur andern wieder herausgekommen.
Eine größere Blamage ist selten dagewesen, selbst
in hiesiger Stadt, wo in diesem Artikel doch sonst
viel geleistet zu werden pflegt! 4 oder 5 Auch-
katholiken spazierten auf dem Gang herum, und
drunten im Hof standen noch etwa ein Duzend com-
mandirter Arbeiter. Auchpriester Beck, der die große
„altkatholische Bewegung" in der Landesbase diri-
girt, soll sich auch auf dem Gang „Bewegung" ge-
macht haben. Darnach zogen die Herren ab, einer
auch mit einem Netourbillet nach Neckargemünd und
mit einem Pack Schriften mit der auchkatholischen
Ueberschrift: „Ist die Religion in Gefahr?" wobei
wir ihm die Versicherung geben können, daß bei den
Erzeugnissen seiner Feder und den durch ihn und
seinen auchpriesterlichen Namensvetter dirigirten
Fuchsrittbewegungen die katholische Kirche allerdings
nicht in Gefahr kommen kann. Aufgefallen ist nur
noch, daß der Redakteur des Gothaer Moniteur auch
auf dem Gange hin- und hergewandelt ist in Ge-
sellschaft eines auchkatholischen Professors, um auf
den Beginn der Verhandlungen vergeblich zu war-
ten. Dieser Mann ist aber weder schwarzer noch
rother Katholik, sondern Protestant, ja sogar der
Sohn eines protestantischen Geistlichen, der mit seinem
gleichfalls protestantischen Collegen die „altkatholische
Bewegung" in den hiesigen Tagesblättern zu machen
bestrebt ist. Ihr seht also, Katholiken, wo es hin-
aus will. Wir wollten einmal sehen, wenn Herr
Lindau in eine spezifisch protestantische Versamm-
lung sich eindrängen wollte, um für irgend eine
spezielle Richtung innerhalb des Protestantismus
eine Lanze zu brechen, was das — und mit Recht
— für ein Geschrei gäbe! Aber in dem vorliegen-
den Falle — he, Bauer, ist das auch etwas An-
deres? Zum Lachen komisch ist die Verlegenheit des
Moniteurs über die gestrige Blamage: er erklärt
das Ganze, nachdem in allen Blättern die Ver-
sammlung angezeigt und Zuzüge von Nah und Fern

in Aussicht gestellt waren, für ein — Mißver-
ständnis! Mißverständnis^, herrliches Wort, mit
dem man sogar schon Revolutionen erklärt hat! —
Das Spaßhafteste von allem aber war, daß einige
schlichte Landleute nach langem Hin- und Herspa-
zieren in den weiten Räumen des Harmoniegebäu-
des zu Herrn Lindau kamen, um diesen zur, Rede
zu stellen, warum er nicht zu der „altkatholischen"
Versammlung gekommen sei: die guten Leute mein-
ten nämlich, es hätte ein wanderndes Casino in
der Harmonie stattfinden sollen. Sie waren nun
höchlich überrascht zn vernehmen, daß sie, die ihr
Leben lang ihrer Kirche treu ergebene Katholiken
waren, keine Altkatholiken mehr sein sollten, sondern
daß vielmehr diejenigen sich den Namen anmaßten,
die alles aufbieten, um ihre Kirche zu untergraben
und der Rongerei in die Hände zu arbeiten. Sie
nannten das ganze Vorgehen jener Auchkatholiken
einen perfiden Schelmenstreich, lediglich darauf be-
rechnet, schlichte Leute wie „Gimpel" auf der Leim-
ruthe zu fangen. Jur klebrigen dürfen gewisse Herren,
die den „altkatholischen" Fuchsritt im Geheimen diri-
girt haben, getrost mit dem seligen Lyceumsdirektor
Gumpel ausrufen: „Ich sehe hinwiederum Mehrere,
welche nicht da sind !"
*-) Heidelberg, 4. Dez. Das Heidelberger Kreis-
verkündigungsblatt gibt sich alle erdenkliche
Mühe, die katholischen Priester durch die gröbsten
Schmähungen und Angriffe in den Augen der Ka-
tholiken herabzusetzen. So läßt sich dieses Blatt
wieder eine Anecdote aus einem Dorfe des Amts-
gerichtes W. schreiben, wo ein katholischer Geistlicher
eines seiner Beichtkinder wegen Kartenschlagens nicht
absolvirt habe, woran die gehässigsten Ausfälle gegen
den betr. Priester geknüpft werden. Man könnte
billig von einem Blatt, dessen Redakteur und Mit-
arbeiter keine Katholiken sind, wenigstens so viel
Anstandsgefühl voraussetzen, daß es sich in derglei-
chen innere Angelegenheiten einer andern Con-
session nicht mischen würde. Oder was würde der
protestantische Redakteur der Heidelberger Zeitung
dazu sagen, wenn ein katholisches Blatt in die inneren
Verhältnisse der protestantischen Kirche in solch ge-
hässiger und tendentiöser Weise sich einlassen wollte?
Aber eine Perfidie sonder Gleichen ist es geradezu,
wenn ein Fall wie der vorliegende zum Gegenstand
eines Angriffs gegen einen kath. Geistlichen gemacht
wird, weil der Verfasser weiß, daß der betr.
Priester sich nicht vertheidigen kann, da
ihm der Beichtsiegel unter allen Umstän-
den den Mund geschlossen hält! Wie wahr-
heitsgetreu das Kreisverkündiguugsblatt in
seinen Angaben zu sein pflegt, dafür haben wir ja
erst neulich den schlagendsten Beweis geliefert in
der Angelegenheit des Herrn Beneficiaten Kober.
Als boshafte Lügereien haben sich die Angaben jenes
Blattes herausgestellt, es hat sogar bis auf den
heutigen Tag nicht einmal versucht, die Angaben
seines Correspondenten irgendwie zu rechtfertigen.
 
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